Des Wiener Bürgermeisters Animationsversuch an der Professorenschaft, den pädagogischen Klassenkampf um zwei Wochenstunden zu verlängern, musste der Beifall versagt bleiben, das war von vornherein klar. Zum Teil mag das an der Präsentation seiner Redeübung gelegen sein, zum Teil vielleicht an der Sorge eines Teils der Betroffenen, mehr Kontakt zu den Schülern könnte die frühsommerliche Schulschwänzrate in die Höhe treiben. Wie das Genie so häufig in Österreich, wurde auch Michael Häupl in seinen Bemühungen total verkannt. Unter dem Vorwand, einer Regierung den Rücken zu stärken, die ihre Absichten zunächst als Gerücht unter die Leute bringt, um sie beim geringsten Gegenwind leichter preisgeben zu können, placierte er den Vergleich seiner Wochenarbeitszeit bis Dienstag mit der der Lehrer in der Gewissheit, damit den Pawlow'schen Empörungsreflex auszulösen, für den die hiesige Lehrerschaft bekannt ist und dessen Intensität der Bundesregierung klarmacht, sie möge eine Steigerung der Klassenpräsenz um zwei Stunden gar nicht erst anzudenken wagen.

Einen größeren Gefallen hätte Häupl den Professorinnen und Professoren gar nicht machen können, die ohnehin schon unter ihrem pädagogischen Los schmachten und nun auch noch den Zumutungen einer Regierung ausgesetzt sein sollen, die wieder einmal nicht bedacht hat, dass Stéphane Hessel sich kein besseres Organ zur Empörungsvollstreckung hätte ausdenken können als Fritz Neugebauer, diesen Berufsrevolutionär auf den Barrikaden der Pragmatisierung. Mit ihm habe die Idee einer Ausweitung der Lehrerarbeitszeit um zwei Stunden keine Chance auf Realisierung, ließ er wissen - eine noch maßvolle Reaktion, wo AHS-Gewerkschaftern als erste Reaktion auf die Zumutung der Regierung in pazifistischer Vorbildlichkeit eingefallen war: Das bedeutet Krieg.

Und wer diesen Krieg wieder einmal gewinnen wird, steht nach Häupls schnöde unbedankter Schützenhilfe außer Frage. Die Regierung jedenfalls nicht. Deren Versuch, die Vortäuschung einer Steuerreform en passant und unter anderem durch eine falsch aufgezogene Schulreform abzufedern, konnte nicht einmal einen Gewerkschaftspräsidenten überzeugen, der darüber wacht, dass sich die Arbeitnehmer die Steuerreform wenigstens nicht selber finanzieren, wenn sie ihnen schon nicht allzu viel bringt. Sich aus einer verlängerten Lehrerarbeitszeit 300 Millionen Euro für das Budget holen zu wollen, ohne ein Angebot zur Entlastung der Lehrer außerhalb des Unterrichts zu machen, konnte ihm nicht gefallen.

Hier rächt sich eben, dass man es an Empörung fehlen ließ, wo sie besser angebracht gewesen wäre als nun, wahlkampfbedingt und künstlich aufgeheizt, an Michael Häupl. Wäre die Empörung darüber größer gewesen, eine Steuerreform ohne Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern auch nur anzudenken, könnte man sich jetzt so peinliche - und erfolglose - Anläufe zu Gegenfinanzierungen sparen. In einem hat Häupl jedenfalls recht: Die Chancen auf eine sinnvolle Bildungsreform stehen schlecht. Und die erhöhte Lehrverpflichtung ab 2019 ist schon beschlossen. (Günter Traxler, DER STANDARD, 17.4.2015)