Raju Narisetti von Murdochs News Corp verweist auf die stärkere Rolle von sozialen Medien.

Foto: Standard/Föderl-Schmid

Andy Mitchell warb in Perugia für Partnerschaften zwischen Facebook und Medienunternehmen.

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Das zum neunten Mal stattfindende Journalismusfestival im italienischen Perugia ist alljährlich auch ein Tummelplatz, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Große Unternehmen wie Facebook nutzen genauso wie kleinere Start-up-Firmen und journalistische Einzelkämpfer die Möglichkeit, bei diesem von mehreren hundert Journalisten besuchten Branchentreff ihren Weg und ihre Projekte vorzustellen.

Vorwiegend auf die Mobilnutzung und Social Media setzt AJ+. Der US-Ableger des Fernsehsenders al-Jazeera hat eine klare Zielgruppe: die nach dem Jahr 2000 geborenen Millennials, die immer mehr mobil Nachrichten und Informationen konsumieren. Statt auf eine Nachrichtenplattform setzt AJ+ auf Youtube, Twitter, Facebook und Instagram und baut die neue Marke dafür auf. "Wir haben keine Website, sondern Content für soziale Medien", sagte Jigar Mehta, Head of Engagement bei AJ+, am Donnerstag in Perugia.

Userbeteiligung

Kurze, auf die junge Zielgruppe ausgerichtete Videos und Grafiken werden für die mobile Nutzung abgestimmt, Filme so produziert, dass sie auch ohne Ton verständlich sind. Dabei geht es Mehta aber vor allem um Userbeteiligung, egal auf welchem Kanal.

"Anstatt die Diskussion auf unsere Seite zu leiten, wollen wir sie dort führen, wo die User sind", so Mehta. Erst in einem weiteren Schritt denkt man daran, die Kommentare auf den verschiedenen Social-Media-Plattformen zusammenzuführen. Zusätzlich zu den sozialen Kanälen gibt es eine App. Neben Nachrichten macht ein kleines Team Kurzdokus, Erklärvideos oder Satire. 80 Leute arbeiten in San Francisco seit einem halben Jahr an dem Medium, das ein Start-up im Mediengroßkonzern ist.

14-mal pro Tag auf Facebook

Andy Mitchell, der bei Facebook für Medienpartnerschaften und Nachrichten zuständig ist, sieht darin einen Trend: 80 Prozent der jungen Menschen würden ihre Nachrichten nur noch über soziale Medien beziehen. In den USA sind es 30 Prozent der Bevölkerung, die sich auf diese Weise mit Nachrichten versorgen – Tendenz steigend. 1,4 Milliarden Menschen weltweit schauen bis zu 14-mal pro Tag auf Facebook, referierte er am Donnerstag im prächtigen Rathaussaal in Perugia.

Einen weiteren Trend sieht Mitchell in Videos. Nach Schätzungen seines Unternehmens nimmt die Zahl der Videos in den nächsten drei Jahren um das 14-Fache zu. Weil auch die Mobilnutzung steigt und man dabei häufig nicht so gut zuhören kann, geht etwa der US-Medienkonzern Vox dazu über, in Videos auch grafische Informationen einzubauen. So geschehen jüngst bei einem Interview mit US-Präsident Barack Obama.

Geschichten über Grafiken erzählen

Auch Raju Narisetti, Senior-Vizepräsident bei Rupert Murdochs News Corporation, verwies darauf, dass soziale Medien zur Weiterverbreitung insbesondere von aufwendig produzierten Geschichten immer wichtiger werden. Die Zugriffe müssten nicht notwendigerweise auf der eigenen Homepage passieren. Facebook wirbt massiv um Partnerschaften mit etablierten Medien und versucht individuelle Angebote auch im deutschsprachigen Raum zu produzieren, etwa mit dem "Spiegel".

Dass manchmal weniger mehr ist, darauf wiesen in ihrer Präsentation Gregor Aisch, Grafikredakteur bei der "New York Times", und Mirko Lorenz, der den Datawrapper entwickelte, mit dem sich einfach interaktive Diagramme herstellen lassen, hin. Ihrer Ansicht nach lassen sich die meisten Geschichten mit fünf einfachen Grafiktypen erzählen: Balken-, Linien- und Tortengrafiken sowie Tabellen und Punktwolken reichten im Regelfall aus. Lorenz regte an, wann immer möglich, Symbolfotos durch Datenvisualisierungen und Charts zu ersetzen, weil diese mehr zur Geschichte beitragen könnten. (afs, fin, seb, derStandard.at, 16.4.2015)