Belgrad/Prishtina - In den Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina droht eine Eskalation. Die serbische Regierung hat dem kosovarischen Außenminister Hashim Thaci eine Festnahme angedroht, sollte er kommenden Freitag zu einem NGO-Treffen nach Belgrad reisen. "Sollte Thaci in Belgrad auftauchen, wird das Innenministerium im Einklang mit dem Gesetz vorgehen und ihn festnehmen", sagte Innenminister Nebojsa Stefanovic.

Thaci soll an einem vom "Jugendausschuss für Ausbildung" mit der britischen Botschaft organisierten Treffen zum Thema "EU-Integration des Westbalkan: Wir können es besser zusammen" teilnehmen. Die Organisatoren bestätigten am Donnerstagnachmittag die Zusage Thacis.

In Abwesenheit zu Haft verurteilt

Der frühere kosovarische Rebellenführer war im Jahr 1997 von der serbischen Justiz wegen Terrorismus in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Bereits seit 1993 gibt es einen Haftbefehl gegen ihn. Nach dem Kosovo-Krieg (1998-99) wurde dieser um Völkermord-Vorwürfe erweitert. Im Jahr 2003 war der Sprecher der ehemaligen kosovo-albanischen "Befreiungsarmee des Kosovo" (UCK) auf dem Budapester Flughafen vorübergehend festgenommen worden. Interpol hob den von Belgrad ausgestellten internationalen Haftbefehl jedoch wieder auf. In Serbien ist der Haftbefehl gegen Thaci aber offenbar weiterhin in Kraft.

Die Ermittlungen gegen den kosovarischen Außenminister wegen Kriegsverbrechen wurden laut früheren Angaben des serbischen Sonderstaatsanwalts für Kriegsverbrechen, Vladimir Vukcevic, allerdings im April 2012 eingestellt. Der Verdächtigte sei den serbischen Ermittlern nicht zugänglich gewesen, erläuterte Vukcevic.

Der kosovarische Vize-Außenminister Petrit Selimi bestätigte gegenüber dem albanischen TV-Sender Top Channel, dass die Reise Thacis nach Belgrad ganz vom politischen Willen der serbischen Behörden abhänge. Medienberichte über die Bemühungen Brüssels, die Reise in die Wege zu leiten, wurden offiziell nicht bestätigt. Seitens der Europäischen Union werde alles unterstützt, was zum Prozess der Versöhnung und der gutnachbarlichen Beziehungen beitrage, hieß es in Brüssel auf eine Anfrage der serbischen staatlichen Presseagentur Tanjug.

Treffen der Ministerpräsidenten

Die Ministerpräsidenten Serbiens und des Kosovo, Aleksandar Vucic und Isa Mustafa, sollen laut jüngsten Medienberichten aus Belgrad am Dienstag zu einer neuen Gesprächsrunde im EU-geführten Dialog in Brüssel zusammenkommen. Die geplante Belgrad-Reise Thacis dürfte zu einem der zuvor nicht geplanten Gesprächsthemen werden.

Serbien erkennt die im Februar 2008 verkündete Unabhängigkeit des Kosovo weiterhin nicht ab. Der EU-geführte Dialog soll zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen führen. Thaci hatte sich kürzlich in einem APA-Interview zuversichtlich gezeigt, dass Serbien die Unabhängigkeit des Kosovo "in der nahen Zukunft" anerkennen werde und verwies diesbezüglich auf die gemeinsame EU-Annäherung der beiden Staaten. (APA, 17.4.2015)