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War es richtig, Kinder zu bekommen? Fragen wie diese, werden nur Frauen gestellt. Und für ihre Antworten werden sie verurteilt.

Foto: apa/Arno Burgi

Seit den ersten Berichten über eine Studie zu Mutterschaft ist die Aufregung unter dem Stichwort "Regretting Motherhood" groß. Eine israelische Forscherin interviewte Frauen, die ihre Mutterschaft zutiefst bereuen. Das Kind lieben sie, keine Frage. Aber die Entscheidung darüber, ein Kind zu bekommen, würden sie heute anders fällen.

Kinder zu bekommen ist heute dank Verhütungsmitteln und durch die in vielen Ländern Europas vorhandene Möglichkeit zur Abtreibung in den meisten Fällen eine freie Entscheidung. Es ist kein Dienst an der Menschheit, keine Aufopferung, kein Schicksal. Und Entscheidungen werden manchmal bereut, insbesondere solche, die den Rest des Lebens massiv beeinflussen. Warum sorgen offene Worte darüber, dass eine Entscheidung schlichtweg falsch war, derart für Furore? Vielleicht, weil sie von Frauen kommen oder von – schlimmer noch – Müttern?

Viele Tabus für Mütter

Frauen sollten besser nicht öffentlich darüber reden, wenn sie sich aktiv gegen ein Kind entschieden haben und einen Schwangerschaftsabbruch hatten. Wenn sie sich für Kinder entscheiden, dürfen sie nicht darüber reden, wenn sie die Mutterschaft so gestalten, dass sie auch ihren Bedürfnissen entspricht: keinen Biobrei kochen, nicht stillen, oder den Nachwuchs bei jeder sich bietenden Gelegenheit in das nächste bereitwillige Paar Hände abgeben, um sich mal ganz sich selbst zu widmen.

Sich öffentlich dazu zu bekennen, nicht den Idealvorstellungen entsprechen zu wollen, weil diese Stress bedeuten, ist eine emanzipatorische Geste. Dazu gehört auch, dass Mutterschaft nicht für alle Frauen das größte Glück bedeutet. Doch während man damit beschäftigt ist, diese (durch eine Studie ohnehin nur anonymisierte) Offenheit zu verurteilen, kommt niemand auch nur auf die Idee, nach "Regretting Fatherhood" zu fragen. Fundamentale Fragen rund ums Kinderkriegen oder Kinderhaben betreffen Männer offenbar noch immer nicht im Geringsten.

Männer, die sich nicht zu Wort melden

Ist die Tatsache, dass Väter nach der Geburt sogar mehr mit ihrer Lohnarbeit beschäftigt sind als noch ohne Kind, womöglich auch schon "Regretting Fatherhood"? Oder dass sich Väter mit Karenzen nobel zurückhalten? Dass sie ungleich weniger Zeit für Betreuungsarbeit aufwenden als Mütter? Nicht nur die Betreuung der Kinder, auch die völlige Neuausrichtung des eigenen Lebens auf Kinder ist noch Frauensache wie auch das harsche Urteil darüber, wie diese Ausrichtung aussieht. Zum Thema Nachwuchs – sei es bei Entscheidungen, ob Kinder und wann und wie die Elternschaft organisiert werden könnte – werden Männer weder befragt, noch melden sie sich besonders oft zu Wort.

Während im Zuge der Debatte um "Regretting Motherhood" wieder einmal nur den Müttern Handlungsspielraum aufgezeigt wird, indem sie doch bitte endlich die Väter "in die Pflicht nehmen müssen", wäre es letztlich wohl effektiver für die elterliche Gleichstellung, endlich darauf zu verzichten, Kinder als Frauensache zu pushen. Denn sollte eine Mutter bereuen, erhört das die Chancen, dass da immerhin noch ein begeisterter Vater ist. (Beate Hausbichler, derStandard.at, 21.4.2015)