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Notenbank-Chef Ewald Nowotny

Foto: reuters/HEINZ-PETER BADER

Washington - Für die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gilt die übliche Faustregel innerhalb der Zunft: Zwei Experten, drei Meinungen. Egal ob es nun um Griechenland oder Bankensanierungen geht: Wenn man sich mit den Volkswirten der wichtigsten Finanzinstitution der Welt länger unterhält, stößt man bei fast jedem Thema auf unterschiedliche Meinungen – und sei es nur in Nuancen.

Anders war dies bei der IWF-Frühjahrestagung am Wochenende allerdings bei der Bewertung der milliardenschweren Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB): Für die gibt es von Fonds-Seite nur Lob. Die EZB hat im März damit begonnen, massiv Staatsanleihen der Euroländer aufzukaufen. Das Programm ist ebenso gewaltig wie umstritten: 1,14 Billionen Euro will die Zentralbank in Frankfurt bis September 2016 ausgeben um eine Deflation zu verhindern. Kritiker halten die Aktion für wahlweise überzogen – weil das Wachstum in Europa ohnehin bereits anzieht - oder gefährlich, weil Zinsen für Staatsanleihen zu sehr gedrückt und Aktienmärkte zu stark beflügelt werden. Der IWF hingegen sieht das Programm als eine der Säulen der Erholung in der Eurozone an, die 2015 um satte 1,5 Prozent wachsen soll. Vor allem vom schwachen Euro, einer Folge der EZB-Käufe, profitiere Europa.

Nowotny zunächst zurückhaltend

Der österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny war dagegen lange zurückhaltend. Er hat im EZB-Rat sogar gegen den Start des Kaufprogrammes im Jänner 2015 gestimmt, weil er die Aktion für verfrüht hielt. Hat er sich also geirrt, ist die EZB-Aktion erfolgreicher als gedacht?

Darauf wollte sich Nowotny am Rande der IWF-Jahrestagung nicht festlegen. Zu dem aktuellen Aufschwung würden viele Faktoren beitragen, sagte der Notenbankchef. Neben der Euroschwäche stützte auch der tiefe Ölpreis die Konjunktur, welchen Beitrag welche Faktoren leisten, sei schwer zu sagen.

"Zartes Pflänzchen"

Soll die EZB nun aufhören Staatspapiere zu kaufen, weil die Wirtschaft bereits aktuell anzieht? Nowotny erteilt solchen Spekulationen im Gespräch mit dem STANDARD eine klare Absage. Noch sei die Erholung nur ein "zartes Pflänzchen", das man nicht durch einen übereilten Kurswechsel gefährden dürfe.

Der Regierung empfiehlt Nowotny, die Wachstumsentwicklung in Österreich genau zu beobachten. Sorgen bereite ihm, dass sich das heimische Wachstum von jenem in Deutschland zusehends abkoppelt. Der IWF geht ja in seiner Frühjahresprognose davon aus, dass die deutsche Wirtschaft um 1,6 Prozent wachsen soll. Für Österreich wird gerade ein Plus 0,9 Prozent prognostiziert. In der Vergangenheit hat die heimische Konjunktur prompt angezogen, wenn es in Deutschland aufwärts ging.

Strukturelles Problem?

Dieser Zusammenhang ist aktuell weg – bereits seit dem vergangenen Jahr zieht Deutschland davon. "Wobei noch unklar ist, ob hier temporäre Kräfte am Werk sind oder Österreich wirklich ein strukturelles Problem hat", sagte Nowotny. Österreichs Unternehmen sind vor allem Zulieferer für die deutsche Exportindustrie. Der Aufschwung in Deutschland ist vor allem vom starken Inlandskonsum getragen, Österreichs Firmen profitieren also weniger. Sollte diese Situation anhaltend sein, müsse man sich überlegen, wie gegengesteuert werden könne, so Nowotny.

Bezüglich der Abwicklung der maroden Hypo betonte der Notenbankgouverneur, wie schon zuvor Finanzminister Hans Jörg Schelling, dass Österreichs Vorgehen von den IWF-Experten grundsätzlich positiv bewertet werde. Schelling und Nowotny besuchten in Washington auch die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC), die in den USA für die Abwicklung von Banken verantwortlich ist. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat die FDIC 500 kleinere US-Banken abgewickelt ohne dass dies Schockwellen ausgeschickt hätte. Dies zeige laut Nowotny und Schelling, dass die Abwicklung von Banken relativ geräuschlos über die Bühne laufen kann, wenn sich der Prozess einmal etabliert habe. (Andras Szigètvari, derStandard.at, 19.4.2015)