Wien - Der schmutzige, etwa vier Kilometer große Eisball 67P/Tschurjumow-Gerassimenko nähert sich immer weiter der Sonne an. Er tut das unter Beobachtung der Sonde "Rosetta", die in den vergangenen Monaten den spektakulären Materialauswurf aufgrund der zunehmenden Hitze dokumentiert.

Kometenaktivität vom 31. Jänner bis 25 März 2015.
Foto: ESA/Rosetta/NAVCAM – CC BY-SA IGO 3.0

Materialauswurf festgehalten

Nun sind ESA-Forscher erstmals direkt Zeugen eines solchen Auswurfs geworden. Dieser ereignete sich auf der Rückseite des Kometen, die nach der ägyptischen Gottheit Imhotep getauft wurde, wie Forscher dieser Tage auf der Jahrestagung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union in Wien berichteten.

Diese beiden Aufnahmen liegen zwei Minuten auseinander. Rechts unten ist deutlich ein neuer Jet zu erkennen.
Foto: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Ungewöhnlich sei, dass der Materialjet auf der Schattenseite des Kometen entstand. Die Bilder der nun beobachteten Fontäne nannte der MPS-Forscher Holger Sierks einen absoluten Zufallsfund. "Noch niemals zuvor ist jemand Zeuge davon geworden, wie eine Staubfontäne erwacht", betonte der Leiter des "Osiris"-Teams. "Es ist unmöglich, eine solche Aufnahme zu planen."

Unterschiedliche Theorien

Unklar sei laut Sierks, ob "Rosetta" die Geburtsstunde einer kontinuierlichen Fontäne miterlebte oder nur einen kurzzeitigen Ausbruch. Für die Entstehung des Jets auf der Schattenseite von Tschuri gibt es jedenfalls mehrere Erklärungsversuche. Es sei gut möglich, dass energiereiche Sonnenstrahlen auf bisher im Schatten versteckte Bergklippen von "Tschuri" gefallen seien und so das Phänomen bewirkt hätten, erläuterte der DLR-Kometenforscher und "Osiris"-Wissenschafter Jörg Knollenberg.

Auslöser der Staubfontäne könnte aber auch eine andere, explosivere Art der Kometen-Aktivität sein: Eine Hitzewelle könnte gefrorene Gase erreicht haben, die unter der Oberfläche des Kometen verborgen sind. Beide Theorien sollen nun anhand der neuen Aufnahmen überprüft werden.

Der Komet und mit ihm auch das Minilabor "Philae" und die Raumsonde "Rosetta" sind noch etwa vier Monate vom sonnennächsten Punkt ihrer Umlaufbahn entfernt. (APA/red, derStandard.at, 20.4.2015)