Freiburg - In Österreich leiden etwa 80.000 Menschen an Epilepsie, der häufigsten neurologischen Erkrankung. In Deutschland sind es Schätzungen zufolge um die 600.000. Bei etwa einem Drittel der Patienten lassen sich die Anfälle nicht mit Medikamenten oder anderen nicht-invasiven Methoden beseitigen.

Dies gilt auch für die fokale kortikale Dysplasie (FCD), bei der eine umschriebene Fehlentwicklung der Großhirnrinde die epileptischen Anfälle verursacht. Bei dem neurochirurgischen Eingriff wird der anfallsauslösende Bereich der Großhirnrinde entfernt.

In einer Studie untersuchte ein Team um Andreas Schulze-Bonhage, Leiter des Epilepsiezentrums an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg, die Langzeitwirkung der Operation. Die Forscher begleiteten insgesamt 211 FCD-Patienten unterschiedlichen Alters über einen Zeitraum von bis zu zwölf Jahren.

Besser als erwartet

Frühere Studien hatten bei 30 bis 40 Prozent der Patienten eine Anfallsfreiheit nachgewiesen. "In unserer Studie traten bei zwei Drittel der Patienten selbst nach bis zu zwölf Jahren keine Anfälle mehr auf. Dieses Ergebnis übertraf unsere Erwartungen deutlich", sagt Schulze-Bonhage.

Von den Patienten, die nach der Operation anfallsfrei waren, konnten 67 Prozent teilweise oder sogar ganz auf eine zusätzliche medikamentöse Epilepsie-Therapie verzichten. Bei etwa 30 Prozent wurde die gleiche Therapie beibehalten, oft auf Wunsch der Patienten selbst. "Für die Patienten ist es von höchster Priorität, sicher anfallsfrei zu bleiben. Darum möchten viele weiterhin Medikamente nehmen, auch wenn es aus ärztlicher Sicht nicht nötig wäre", berichtet der Mediziner.

Junge Patienten haben die besten Heilungschancen

"Ob der Patient nach der Operation anfallsfrei ist, hängt stark vom Alter des Patienten ab", sagt Schulze-Bonhage. Patienten unter 18 Jahren zeigten in der Studie deutlich bessere Chancen auf eine Anfallsfreiheit als ältere Patienten. "Bei Kindern und Jugendlichen sollte deshalb eine Operation erwogen werden, sobald sich zeigt, dass die Erkrankung nicht mit Medikamenten behandelt werden kann", ergänzt der Experte.

Grundsätzlich können Kinder mit ausgeprägter Epilepsie bereits ab einem Alter von drei Monaten operiert werden. Laut den Forschern brachte ein chirurgischer Eingriff aber auch bei älteren Patienten eine Verbesserung im Vergleich zur rein medikamentösen Therapie.

Präzise Operation

Die Epilepsieform FCD galt bislang als relativ schlecht operabel, da sich der krampfauslösende Hirnbereich schwer von gesundem Gewebe abgrenzen lässt. Doch die Weiterentwicklung bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomografie (MRT), ergänzt durch hochauflösende Messungen der Hirnaktivität erlauben eine bessere Lokalisierung der Anfallsherde, die der Operateur dann präzise entfernt.

"Mikrochirurgische Techniken reduzieren nicht nur das Risiko operativer Komplikationen sondern minimieren auch das entfernte Gehirngewebe, so dass kognitive Leistungen des Gehirns bewahrt werden können", betont Schulze-Bonhage.

Für Epilepsiepatienten gibt es drei wesentliche Behandlungs-Optionen: Erste Wahl ist fast immer die kontinuierliche Behandlung mit Medikamenten, die bei etwa 70 Prozent zur Anfallsfreiheit führt. Bringt die Therapie nicht den gewünschten Erfolg, werden ein chirurgischer Eingriff oder eine Neurostimulation in Betracht gezogen. Dabei wird entweder eine bestimmte Region im Gehirn direkt oder der Vagus-Nerv im Halsbereich elektrisch stimuliert. Die Hirnstimulation kann Linderung bringen, führt aber nur selten zu einer dauerhaften Anfallsfreiheit. "Für Patienten mit FCD ist diese Methode daher nur eine Option, wenn der Anfallsherd nicht operable Hirnareale einbezieht", meint Schulze-Bonhage. (red, derStandard.at, 21.4.2015)