Personaler die reimen, verkleidet auf einer Bühne stehen und über die Datingapp Tinder philosophieren - in Lederhose oder Cowboyhut, mit pinken Plastikhänden und Superman-Kappe. Nein, es ist nicht Fasching, sondern der erste Recruiter-Slam. So sieht es also aus, wenn sich Personaler der Generation-Y verkaufen wollen - Employer branding mal anders.

Poeten, Wissenschafter und... Recruiter?

Angelehnt ist die Show an Poetry Slams. Bei diesen werden selbstgeschriebene Texte innerhalb einer bestimmten Zeit einem Publikum vorgetragen. Julia Engelmann mit "Eines Tages Baby" ist ein Beispiel, das auch viele Menschen kennen, die davor noch nie etwas von Poetry Slams gehört haben. Die lockere Form und das relaxte Ambiente haben sich in den letzten Jahren auch andere Veranstalter abgeschaut - auch die Wissenschafter slammen bereits seit Jahren: Bei Science Slams sollen sie ihre Forschung in einfachen und witzigen Botschaften dem Publikum näher bringen. Die Veranstaltungen sind auch in Österreich schon sehr beliebt.

Was Wissenschafter können - im Bild Martin Moder, Gewinner des Science Slam 2014 - sollen auch Personaler beweisen: Spaß und eine auf die Zielgruppe abgestimmte Selbstpräsentation
Foto: Austria Wirtschaftsservice GmbH

Recrutainment als Trend

Zurück aber zu den reimenden Recruitern: Die Idee dazu hatte Michael Witt, Chefrecruiter beim Technologiekonzern Voith, sein Kollege Tobias Meinhold, der schon einige Poetry-Slams veranstaltete, war ebenfalls an der Organisation beteiligt. "Einer der wichtigsten Kanäle, wenn es um das Recruiting geht, ist der persönliche Kontakt", sagt Meinhold. "Der findet bislang meist auf Jobmessen statt." In der Branche sei "Recruitainment", das mit Unterhaltung verbundene Werben um Fachkräfte, bereits ein Begriff - bei Meinhold und Witt entstand deshalb die Idee, Personaler in einem Wettbewerb auf der Bühne gegeneinander antreten zu lassen. Dabei gehe es aber nicht darum, eine Art Stellenanzeige vorzutragen. Im Mittelpunkt solel der Personaler als Mensch, seine Arbeit und das Unternehmen stehen.

Lederhose und Ukulele

Genau das sei laut den Veranstaltern dem Sieger gelungen: Der Recruiting-Coach Henrik Zabrowski gewann mit vielen Versen über das Elend seines Berufs. Ute Neher, Projektleiterin Personalmarketing bei der Telekom in Stuttgart, hat es trotz pinkem Outfit nicht geschafft, der Abend gefiel ihr dennoch - der Recruiter-Slam eine "saucoole Idee", sagt sie zu Spiegel Online. Auch aus Österreich war ein Teilnehmer angereist: Whatchado-Mitgründer Jubin Honarfar stellte sich in Lederhose und mit Ukulele auf die Bühne.

Ansprechend für Generation-Y?

Setzt sich Recrutainment durch? "Die Recruiter-Szene wird geradezu getrieben, sich immer wieder neu zu erfinden", sagt Tobias Meinhold. Um auf dem Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber bestehen zu können, müsse dem Personalmarketing immer etwas Neues einfallen. Ob es einen zweiten Recruiter-Slam geben wird, wissen die beiden Veranstalter trotzdem noch nicht. Für die Zukunft wünsche man sich jedenfalls mehr große Unternehmen. (lhag, derStandard.at, 22.4.2015)