Man gibt ihm einfach keine Chance. Erst riss der Wiener Bürgermeister mit seinem Arbeitsprogramm für Lehrer die öffentliche Aufmerksamkeit an sich, dann fuhr der Ver- teidigungsminister mit einer harmlosen, aber wenig klugen Autofahrt ins Rampenlicht einer empörungssüchtigen Medienwelt, und im parlamentarischen Kampf gegen die Schwäche der Schwarzen fürs Schwärzen stehlen ihm die Grünen die Butter vom Brot. Frank Stronachs jüngste Auslotung des Rotationsprinzips in seinem Einkaufskorb war da nur noch die Draufgabe, die garantieren sollte, dass sein zehnjähriges Jubiläum als Obmann der FPÖ nicht jene öffentliche Würdigung erfuhr, die seiner Arbeit im Weinberg des Herrn gegen die Bedrohung des Islam manchen angemessen erscheint. Wäre nicht der Falter mit einer Titelgeschichte eingesprungen, hätte kaum jemand Notiz von einem Überlebenstalent genommen, dessen politisches Talent vor allem in der mühelosen Abschöpfung von Wählern besteht, die sozialdemokratische Profilschwäche auf dem Markt offeriert.

Aber auch der Falter hat ihm nur bedingt Gutes getan, ist doch der Abstieg von normal radikal zu "radikal normal" - sollte er tatsächlich so stattgefunden haben - nichts, was ihn fürder von Koalitionspolitikern so weit unterscheidbar machen könnte, dass man ihn noch als Schmied unter Schmiedeln zu erkennen vermag, wo er doch genau so gesehen werden will. Die ideologische Verortung zwischen dem Ukrainerocker Putin und dem Alpenrocker Gabalier, der er sich nach Anfängen als Paintballesterer endlich verschrieben hat, wirkt nicht weniger aufgesetzt, wenn sie mit Anhänglichkeit an alles, was in Europa rechtsradikal ist, unterfüttert wird. Er wird das Halbseidene einfach nicht los, und die Ringe unter den Augen werden auch nicht schöner - in seinem Fall ein Problem.

Inzwischen hat man sich an ihn gewöhnt, er gehört zur Ausstattung der Republik, und sein angestrengtes Bemühen um Charisma, wie es der Übervater noch vorzutäuschen vermochte, wäre rührend - mit einem Hauch von Substanz. Seine Partei hätte größte Mühe, ihn zu ersetzen, weshalb er sich weitere zehn Jahre in "splendid opposition" gönnen kann. Einen speziellen Ruf hat er dabei nicht zu verlieren, und wenn, dann den eines Verkäufers. Weder die einfachen Gemüter in den freiheitlichen Reihen noch die akademischen nehmen große Notiz von ihm. Erstere lassen sich von seinem Bemühen um Normalisierung von ihren rassistischen und fremdenfeindlichen Rülpsern nicht abhalten, Letztere nehmen kaum Notiz von ihm. Das freiheitliche Magazin Zur Zeit brachte in der aktuellen Nummer eine Geschichte über die Entstehung des Mondes, aber kein Wort über das zehnjährige Wirken der Sonne der Partei.

Da musste er schon selbst nachhelfen. Früher pflegte er vor Wahlen eine Hochzeit anzukündigen. Das wird mit der Zeit unglaubwürdig. Diesmal legte er mit einem Outing nach: "Auch ich wurde sexuell belästigt." Österreichs Wählerinnen sollten das nicht als Ausdruck der Solidarität überbewerten. Seine Leidensfähigkeit ist unbegrenzt - er wollte sich damit nur als Gegner des neuen "Po-Grapsch-Paragrafen" bekennen. (Günter Traxler, DER STANDARD, 24.4.2015)