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Die Strände von Honolulu laden zum Baden ein. Ein für die Oesterreiche Nationalbank wichtiges Abkommen wurde aber im Luftraum über den Traumstränden vereinbart.

Foto: AP/Sam Eifling

Wien - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) ist eines der Paradebeispiele dafür, wie sich SPÖ und ÖVP die Zweite Republik jahrzehntelang aufgeteilt haben. Die Postenbesetzung in der Bank der Banken gemäß rot-schwarzem Karomuster sorgte zunächst aber immer wieder für Zank und Hader - bis 1961.

Damals wurden die Querelen dauerhaft beendet, Luftlinie 12.263,28 Kilometer von Wien entfernt: in Honolulu bzw. im Luftraum darüber. Nach einer Weltbank-Tagung in Washington waren OeNB-Präsident Reinhard Kamitz (ÖVP) und der Erste Vizepräsident Andreas Korp (SPÖ; der Zweite Vizepräsident war der schwarze Industrielle Karl Habich) in Richtung Heimat unterwegs. Über Hawaii fanden sie eine Lösung der ständigen Querelen.

Organigramm durchforstet

Von der Führungsspitze bis zum Portier wurde das Organigramm der Notenbank durchgeackert und fixiert, welcher Posten künftig rot und welcher schwarz zu besetzen sei. Das "Honolulu-Abkommen" war geboren, das Haus am Wiener Otto-Wagner-Platz zweigefärbt.

War der Notenbank-Chef ein Schwarzer, so war sein Vize ein Roter und ebenso der Chef des Generalrats, also des Aufsichtsgremiums der OeNB. Dieses Muster, das natürlich auch in die Gegenrichtung funktionierte, zog sich durch die gesamte Hierarchie: vom Hauptabteilungsleiter und seinem Stellvertreter hinunter bis zum Skontisten, also jenem "Bankangestellten, der für manipulative Tätigkeiten wie zum Beispiel Botendienste" (Österreichisches Wörterbuch) zuständig war und heute noch ist.

Das Honolulu-Muster diente auch der gegenseitigen Kontrolle; jeder Konservative hatte einen aufpassenden Sozialdemokraten zur Seite gestellt und umgekehrt.

Das klappte so lange, bis sich die politischen Verhältnisse änderten. Als die SPÖ ab 1983 (unter Fred Sinowatz) bis Anfang 1987 (unter Franz Vranitzky) mit der FPÖ (unter Norbert Steger) regierte, geriet das Gefüge aus der Balance. Freiheitliche bekamen Posten, die eigentlich Roten zugedacht waren. So kam es, dass 1984 der Vorarlberger FPÖ-Politiker Karl-Werner Rüsch Vizepräsident der OeNB wurde und so auf einem SPÖ-Ticket landete. Nach der OeNB-Umstrukturierung kam er 1999 (Rüsch war 1995 aus der FPÖ ausgetreten) in den Generalrat.

Chef für ein Jahr

Eine Bestellung im Jahr 1997 zeigt, wie ernst man es mit dem Honolulu-Abkommen nahm. Damals brachten es diverse Pensionierungen mit sich, dass die OeNB von drei Roten und einem Schwarzen gelenkt worden wäre; aber nur ein Jahr lang, bis zum Amtsantritt von Klaus Liebscher (ÖVP) als OeNB-Chef. Der Generalrat hatte das akzeptiert - nicht aber die Regierungsparteien. Sie bestanden auf Gleichgewicht - was dem ÖVP- und pensionsnahen IT-Experten Erwin Tischler ein Gastspiel im Direktorium von exakt einem Jahr bescherte.

Und heute? Heute ist Honolulu wieder 12.263,28 Kilometer weit weg, der Proporz Schnee von gestern, wird man in der verstaatlichten OeNB unter Ewald Nowotny (SPÖ) nicht müde zu betonen. Zwar ist Vizegouverneur Andreas Ittner ebenso ein Schwarzer wie der Chef des Generalrats (Claus Raidl), aber in den unteren Etagen würden alle Jobs ausgeschrieben. Das Parteibuch spiele keine Rolle mehr, betont man in der OeNB. "Gedacht wird aber häufig noch in alten Strukturen", ätzen Kritiker. (Renate Graber, DER STANDARD, 25.4.2015)