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Für Kinder unter drei Jahren einen Krippenplatz zu finden ist vielen Eltern kaum möglich. In Innsbruck müsse man laut dem Dachverband Selbstorganisierte Kinderbetreuung mit Wartezeiten bis Herbst 2016 rechnen.
Innsbruck - Rund 400 Euro kostet es monatlich, sein Kind in einer Krippe in Innsbruck unterzubringen - in einer privaten, wohlgemerkt, städtische Einrichtungen für unter Dreijährige gibt es in der Tiroler Landeshauptstadt keine. "Das können sich nicht nur viele Familien nicht leisten, sogar wenn man genug Geld hat, findet man derzeit einfach keinen Platz. Die Betreuung von Kleinkindern ist in Tirol ein eklatantes Problem", sagt Ursula Jennewein vom Dachverband Selbstorganisierte Kinderbetreuung.
Dem wollte das Land eigentlich schon vor einigen Jahren etwas entgegensetzen. Im Tiroler Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz wurde 2010 festgeschrieben, dass "die Landesregierung (...) den zukünftigen Bedarf an Betreuungsplätzen" mindestens alle drei Jahre zu erheben und das Ergebnis den "Gemeinden mitzuteilen" hat - diese wiederum sollen dann "gewährleisten", dass aufgrund des Angebots "eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich ist".
"Nie durchgeführt"
So viel zur Theorie. Auf Anfrage im Büro der Tiroler Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) wird dem STANDARD die Kinderbetreuungsstatistik zugesandt und erklärt, dass "Bedarfserhebungen dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden" unterliegen würden. "Fakt ist, dass zumindest vielerorts diese Erhebungen nie durchgeführt wurden", sagt Jennewein. Ihr Verein sei wöchentlich mit "mindestens zwei" Anfragen von Familien konfrontiert, die keine Betreuungsplätze finden.
Wer derzeit eine Kinderkrippe sucht, müsse in Innsbruck mit Wartezeiten bis Herbst 2016 rechnen. Ansonsten sei die Situation von Region zu Region sehr unterschiedlich. "Gerade männliche Gemeindevertreter haben häufig auch heute noch kein Verständnis dafür, dass es Kinderbetreuungsplätze überhaupt braucht", sagt Jennewein. Für unter Dreijährige gebe es Bedarf in allen Bundesländern, allen voran auch in Wien. "Für Familien ist das oft ziemlich dramatisch, es müssen Notlösungen im privaten Umfeld gefunden werden, oder ein Elternteil kann im schlimmsten Fall seine Arbeitsstelle nicht antreten."
"Dringender Handlungsbedarf"
Grundsätzlich wird das Problem nicht abgestritten. Kurz nach der STANDARD-Anfrage um die Erhebungsdaten veranstaltete die ÖVP Innsbruck - die in der Landeshauptstadt nicht in der Regierung sitzt - eine Pressekonferenz zum Thema. "Von einer bestmöglichen Unterstützung durch die Stadt kann derzeit nicht die Rede sein", wird Gemeinderätin Daria Sprenger in einer Aussendung zitiert. Sie sehe dringenden Handlungsbedarf - und möchte nun einen Antrag auf "umfassende Bedarfserhebung" in der nächsten Gemeinderatssitzung einbringen.
Bei den Grünen, die in Tirol in der Landesregierung sitzen und mit Christine Baur die Frauenlandesrätin stellen, war am Freitag niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Im Büro der ÖVP-Bildungslandesrätin wird noch darauf hingewiesen, dass in Tirol seit dem Jahr 2008 insgesamt über 3000 Betreuungsplätze geschaffen wurden und das Land die Förderung von Personalkosten in entsprechenden Einrichtungen kontinuierlich aufstocke.
"Wahlfreiheit der Eltern"
Zumindest Lippenbekenntnisse gibt es auch bereits für Innsbruck: Die Volkspartei stehe "uneingeschränkt" für Wahlfreiheit der Eltern - "Wer einen Betreuungsplatz braucht, muss diesen auch bekommen", sagt ÖVP-Stadtparteiobmann Franz Gruber. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 25.4.2015)