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Paris hat sich einen "Plan vélo" verordnet. Der besagt: Das Fahrrad hat Vorrang.

Foto: reuters/fuentes

Okay: Zu behaupten, Paris sei das neue Kopenhagen, ist hoch gegriffen. Aber hören würde man das dort schon gern. Schließlich hat der Pariser Stadtrat nun die eigene "Kopenhagenisierung" beschlossen: Das Fahrrad kriegt Vorrang. Nicht nur ein bisserl. Sondern richtig. Also Vorfahrt, Platz und Rechte - und Geld.

Aber weil Geld und Platz nicht herbeidekretier- oder sonst wie vermehrbar sind, ist eines klar: Wo wer was kriegt, müssen andere geben. Und das ist - erraten - der Autoverkehr: Paris will Fahrradspuren? Dann müssen Autospuren weichen. Paris will Radler beschleunigen? Dann müssen Autos an Kreuzungen warten. Paris will ... und so weiter. "Eine neue Ära" wünscht sich Bürgermeisterin Anne Hidalgo - und hat dafür 150 Millionen Euro budgetiert.

Paris erstickt

Spannend - und bezeichnend. Denn Hildalgos "Plan vélo" ging im Stadtrat, laut STANDARD-Korrespondent Stefan Brändle, "fast ohne Gegenstimme" durch. Grund dieser Einhelligkeit: Paris erstickt. Am und im Verkehr.

Das können (sich) auch die verstocktesten Freie-Fahrt-für-freie-Bürger-Saurier nicht mehr schönreden. Das Fragezeichen in "Was tun?" macht nicht der Spaß an der Freude zu einem Rufzeichen - sondern der Mangel an Alternativen.

Hiesiges Schwanzeinziehen

Für hierzulande - diese Hochburg des Stillstands, in der schon das Einsammeln von Aschenbechern dreijährige "Übergangsfristen" braucht - bedeutet diese Erkenntnis nichts Gutes: Verkehrspolitiker jedweder Partei werden weiterhin eifrig Worthülse an Worthülse reihen - und sofort den Schwanz einziehen, sobald auch nur ein halber Parkplatz wackelt. Zumindest so lange, bis es Wien wie Paris geht. Und zwar bevor es sich seinen "Plan vélo" verordnete. Oder vielmehr: verordnen musste. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, 24.4.2015)