Bild nicht mehr verfügbar.

Verfassungsjurist Heinz Mayer hält die Verfahrensfehler bei der Rektoratswahl an der Med-Uni Wien für so gravierend, dass sie "auf jeden Fall rechtswidrig und daher aufzuheben ist".

Foto: APA / Helmut Fohringer

Wien – Für Verfassungsjurist Heinz Mayer ist die Sache klar: "Die Rektoratswahl an der Medizin-Uni Wien ist auf jeden Fall rechtswidrig und daher vom Wissenschaftsministerium als Aufsichtsbehörde aufzuheben", sagt er im STANDARD-Gespräch. "Wenn der Unirat also wie geplant morgen einen neuen Rektor wählt, dann müssen sie wissen, dass sie eine rechtswidrige Wahl setzen."

Grund für diese Einschätzung ist ein Verfahrensfehler, über den DER STANDARD berichtete. Die Wahl eines neuen Rektors bzw. einer neuen Rektorin wurde nicht, wie in der Wahlordnung selbst unter Verweis auf das Universitätsgesetz verlangt, in den Mitteilungsblättern der Medizin-Universität Wien (MUW) veröffentlicht.

Die Rechtsgrundlage, auf die sich Heinz Mayer bezieht, ist ebenfalls das Universitätsgesetz, das in Paragraf 45 Absatz 4 vorschreibt: "Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat mit Bescheid Wahlen, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen einschließlich der Satzung stehen, aufzuheben."

Die gesperrte Wahlordnung

Und in der Wahlordnung der Med-Uni Wien steht explizit: "Die Ausschreibung ist im Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien kundzumachen (§ 20 Abs. 6 UG). Der Universitätsrat hat zu beschließen, in welchen weiteren Medien und Zeitschriften die Ausschreibung zu veröffentlichen ist. Die Ausschreibungsfrist hat mindestens acht Wochen ab Verlautbarung im Mitteilungsblatt zu betragen."

Diese Wahlordnung selbst war mehrere Tage lang nachweislich als einziges Dokument in den öffentlich zugänglichen Mitteilungsblättern nicht herunterzuladen, erst am Wochenende, nachdem DER STANDARD darüber berichtet hatte, war das Download wieder zu öffnen. Eine Ausschreibung jedoch war nie auf der Homepage veröffentlicht.

Das Uni-Gesetz regelt eindeutig, dass Wahlen, die nicht rechtskonform zustande kommen, aufzuheben sind. Ginge es "nur" um eine uniinterne "Verordnung" oder andere "Entscheidungen" von Universitätsorganen, dann wären sie ebenfalls aufzuheben, wenn sie im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen stünden. Aber es gibt für diese Fälle quasi eine "Relativierungsklausel": "Im Falle einer Verletzung von Verfahrensvorschriften hat eine Aufhebung nur dann zu erfolgen, wenn das Organ bei deren Einhaltung zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können."

Keine Relativierung von Verfahrensfehlern

Im konkreten Fall geht es aber nicht bloß um eine Verordnung oder Entscheidung von geringerer Tragweite, sondern eben um eine Wahl, und zwar jene der Uni-Führung. Da gebe es keine "Relativierung von Verfahrensfehlern", betont Mayer. Da beharre das Gesetz auf strikter Gesetzeseinhaltung, die nun einmal eine ordnungsgemäße Ausschreibung im Mitteilungsblatt der Med-Uni zwingend vorsieht. "Der Wissenschaftsminister muss die Rektoratswahl auf dieser Basis also per Bescheid aufheben", erklärt Verfassungsjurist Mayer, und zwar müsse Reinhold Mitterlehner (ÖVP) "von Amts wegen tätig werden, wenn er davon erfährt".

Wissenschaftsministerium will kein Präjudiz

Davon erfahren hat er spätestens am Montag durch die STANDARD-Anfrage, wie er in der Causa zu verfahren gedenke. Die Reaktion aus dem Ministerium lautete unter Hinweis darauf, dass die Wahl ja erst für Dienstag, den 28. April, angesetzt sei, aber, so hieß es in der Stellungnahme: "Grundsätzlich hat das Wissenschaftsministerium eine kontrollierende Rechtsaufsicht und kann daher als Aufsichtsbehörde zu einer bevorstehenden Rektoratswahl keine Stellung abgeben, auch um diese Wahl nicht zu präjudizieren. Eine etwaige Prüfung, ob eine Wahl tatsächlich 'im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen einschließlich der Satzung' steht, kann erst nach der Wahl erfolgen."

Uniratsvorsitzender Erhard Busek sagte auf STANDARD-Anfrage zur fehlenden Mitteilung der Ausschreibung: "Das stimmt nicht. Die Ausschreibung ist im Mitteilungsblatt." Die Uniräte hätten dafür gesorgt, dass sie dort erscheint. Zuständig sei das Rektorat. "Das ist formal alles überprüft von der Rechtsabteilung."

Med-Uni verweist auf "Sonderform" des Mitteilungsblattes

Die Med-Uni Wien reagierte auf STANDARD-Anfrage mit folgender Stellungnahme auf den Vorwurf der fehlenden Ausschreibung im Mitteilungsblatt der MUW: "Die Ausschreibung der Funktion des Rektors/der Rektorin an der MedUni Wien wurde im Personalmitteilungsblatt (Nr. 2 vom 5. Jänner 2015) und auf der Homepage der MedUni Wien unter dem Punkt Stellenausschreibungen veröffentlicht. Außerdem wurde die Stelle in mehreren nationalen und internationalen Tageszeitungen, Zeitschriften und auf Onlineplattformen inseriert. Das Personalmitteilungsblatt ist eine Sonderform des Mitteilungsblattes, in dem sämtliche Personalausschreibungen veröffentlicht werden."

Dazu wiederum sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer, dass Ausschreibungen "einheitlich sein müssen, also in einem Produkt, sonst erfüllt so ein Mitteilungsblatt nicht seinen Sinn, wenn man nicht weiß, wo man was findet".

Die Ausschreibung war nicht der einzige Punkt, der für Aufregung im Vorfeld der für Dienstag, 28. April, angesetzten Rektorswahl sorgte.

So hat etwa Uniratsvorsitzender und Exvizekanzler Erhard Busek einem Kandidaten schon vor dem Hearing öffentlich die Qualifikation für das Amt abgesprochen. Michael Stampfer, der Leiter des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWFT), sei "kein Jurist" und habe auch noch nie eine Medizinabteilung geleitet, und, so sagte Busek im "Kurier": "Da wird mir gesagt, er sei ein Freund des Bürgermeisters."

Diese Vorgehensweise sei "unmöglich, eine grauenhafte Optik, aber vor allem eine Stilfrage", meint Heinz Mayer dazu. Keine Frage des Stils hingegen sei die fehlende Ausschreibung im Mitteilungsblatt der Med-Uni.

Busek: "Gscheit war's nicht von mir"

Busek sagte im STANDARD-Gespräch am Montag dazu, er habe Stampfer nicht die Eignung abgesprochen, sondern nur darauf hingewiesen, dass Stampfer nicht den Ausschreibungskriterien genüge, die ein Medizinstudium oder ein "verwandtes Studium" gefordert hätten. Im Nachhinein stehe er nicht an zu sagen: "Gscheit war's nicht von mir, aber es war ein Ergebnis von massiven Interventionen in dieser ganzen Rektoratswahlsache. Ein Viertel bis ein Drittel dieser Interventionen zugunsten bestimmter Leute kamen von Regierungsmitgliedern, nicht aus Wien, sondern aus der Bundesregierung. Ich finde das vor allem ärgerlich."

Drei Männer auf der Wahlliste

Für die Wahl durch den Unirat am Dienstag stehen drei Männer auf dem Dreiervorschlag, den der Senat eins zu eins von der Findungskommission, bestehend aus dem Uniratsvorsitzenden Busek und dem Senatsvorsitzenden Oswald Wagner, übernommen hat: Eduard Auff (Leiter der Uniklinik für Neurologie an der MUW), der derzeitige Vizerektor Markus Müller (Vorstand der Uniklinik für Klinische Pharmakologie an der MUW) und Harald Schmidt (Leiter des Instituts für Pharmakologie an der Universität Maastricht, Niederlande). (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 27.4.2015)