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Zwischen den Häusern errichteten Überlebende Zeltstädte, um vor möglichen Nachbeben geschützt zu sein.

Foto: AP Photo/Altaf Qadri

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Die Bergungsarbeiten laufen auf Hochtouren. Mehr Bilder finden Sie in der Ansichtssache Suche nach Überlebenden in den Trümmern des Kathmandu-Tals.

Foto: REUTERS/Danish Siddiqui

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Wegen der Kontinentalplattenverschiebung – der indische Subkontinent schiebt sich unter die Eurasische Platte – ist Südasien häufig von schweren Beben betroffen.

Grafik: APA/W. Jacquelyne Kious and Robert I. Tilling (U.S. Geological Survey/Wikimedia Commons)

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Die Aufräumarbeiten werden lange dauern.

Foto: EPA/NARENDRA SHRESTHA

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Verletzte aus umliegenden Dörfern werden zur Behandlung in die ebenfalls schwer getroffene Hauptstadt Kathmandu geflogen.

Foto: AP Photo/Altaf Qadri

Kathmandu – Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben im Himalaya laufen die Rettungs- und Hilfseinsätze uneingeschränkt weiter. Das nepalesische Militär erklärte, 90 Prozent aller Soldaten seien im Einsatz. Inzwischen sprechen Behörden von mehr als 4.400 Toten, doch laut dem nepalesischen Premierminister Sushil Koirala werden bis zu 10.000 Todesopfer befürchtet.

Nepals Regierung hat drei Tage Staatstrauer angeordnet. Die Helfer finden immer mehr Menschen unter den Trümmern.

Regierung: "Waren nicht vorbereitet"

Die Regierung erklärte außerdem erstmals öffentlich, trotz zahlreicher Warnungen vor einem bevorstehenden großen Beben nicht ausreichend vorbereitet gewesen zu sein. "Wir haben nicht genügend Mittel, und wir brauchen mehr Zeit, um alle zu erreichen", erklärte Innenminister Bam Dev Gautam im staatlichen Fernsehen. Die Behörden hätten Schwierigkeiten, die Krise zu meistern. "Wir waren auf ein Desaster dieses Ausmaßes nicht vorbereitet", sagte er.

Selbst in der Hauptstadt Kathmandu beschwerten sich zahlreiche Menschen. "Wir leben hier auf der Straße, ohne Essen und Wasser, und wir haben in den vergangenen drei Tagen (seit dem Beben) keinen einzigen Beamten gesehen", sagte ein Mann, der mit seiner Familie im Freien kampierte. Die Stromversorgung war zusammengebrochen, sodass weder Wasserversorgung noch Telekommunikation gut funktionierten.

Nepals Regierung spricht von mehr als 7.000 Verletzten. Die Krankenhäuser sind heillos überfüllt. Viele Verletzte müssen auf der Straße versorgt werden. Die Regierung rief die Bürger am Montag zu Blutspenden auf. Überlebende berichten, viele Straßen seien wegen Erdrutschen oder aufgerissener Beläge nicht passierbar.

Der einzige internationale Flughafen Nepals war zwar am Montag geöffnet, doch konnten viele Flugzeuge nicht landen und zogen Kreise. Die Zeitfenster für ankommende Flüge seien oft nur einige Sekunden lang, ehe sie vergriffen sind, hieß es vom indischen Katastrophenschutz. Am Flughafen bildeten sich lange Schlangen von Touristen und Einheimischen, die auf einen Platz in einem der wenigen Flugzeuge hofften.

Warnung vor Epidemien

Den Überlebenden machten in der Nacht starke Regenfälle zu schaffen. Hunderttausende abgekämpfte Menschen verbrachten die Nacht – auch aus Angst vor Nachbeben – in provisorischen Zeltstädten. Nepal rief den Notstand in den betroffenen Gebieten aus, in denen 6,6 Millionen Menschen leben.

Behörden und Fachleute warnen vor Epidemien, die nun im Bebengebiet ausbrechen könnten. Die Trinkwasserversorgung sei ausgefallen, und Regen verschlimmere die Lage, sagte der Koordinator der Arbeiterwohlfahrt International (AWO) in Kathmandu, Felix Neuhaus, am Montag im Deutschlandfunk. "Die Krankenhäuser sind komplett überlastet", sagte Neuhaus. Auf den Straßen herrsche allgemeines Chaos, besonders schlimm sei die Situation in den Dörfern, "wo bis zu 100 Prozent der gesamten Bausubstanz zusammengefallen ist".

"Hygiene ist ein großes Problem", sagte der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, Rudi Tarneden, und warnte vor besonderen Gefahren für Kinder: "Es gibt die Gefahr, dass es zu einer schleichenden Katastrophe nach diesem dramatischen Ereignis kommt."

Rettungsarbeiten am Mount Everest

Das Tourismusministerium versicherte, ein Fokus der Hilfskräfte sei es auch, die festsitzenden Urlauber in Sicherheit zu bringen. Allein aus dem Basislager am Mount Everest seien 82 Menschen ausgeflogen worden, sagte Suresh Man Shrestha vom Ministerium. Dort waren mindestens 22 Bergsteiger und Helfer in einer Lawine gestorben.

Jost kobusch

Drei Helikopter pendeln ununterbrochen zwischen Basislager und Kathmandu-Tal, twitterte der Bergsteiger Alex Gavan am Montag. Wegen der dünnen Luft in der Höhe könnten sie allerdings immer nur zwei Passagiere mitnehmen.

Im Everest-Gebiet gelten auch vier italienische Höhlenforscher als vermisst. Sie hielten sich als Mitglieder einer Expedition im Dorf Langtang auf, das infolge des Bebens von einem Bergrutsch weggerissen wurde. Zum Zeitpunkt des Bebens befand sich auch die Tiroler Bergsteigerlegende Wolfgang Nairz mit einer sechsköpfigen Gruppe auf einer Trekking-Rundtour im Everest-Gebiet. "Wir haben Riesenglück gehabt. Es ist einfach nur traurig", sagte Nairz am Montag in einem Telefongespräch mit der APA aus der Ortschaft Lukla im Nordosten Nepals.

"Zwei-Klassen-Rettung"

Der Tiroler Extrembergsteiger Peter Habeler rechnete damit, dass die Bergung der Opfer im Himalaya noch "Tage bis Wochen" dauern werde. Dennoch seien die Bergsteiger in einer "besseren Lage als die normale Bevölkerung", sagte der Zillertaler. Reinhold Messner, der 1978 gemeinsam mit Habeler erstmals den Mount Everest ohne Sauerstoffgerät bestieg, kritisierte am Montag in einem Interview mit dem deutschen Radiosender hr-Info eine "Zwei-Klassen-Rettung": "Es ist zynisch, dass man um die Bergsteiger, die sich für 80.000 bis 100.000 Dollar diese Besteigung kaufen können, einen solchen Hype macht." Mit Hubschraubern evakuiert würden "sicher jene Leute, wo die Agenturen wissen, dass sie auch Geld dafür bekommen. Die anderen schauen durch die Finger", sagte Habeler.

Keinen Kontakt gibt es derzeit zu rund 20 Österreichern in der Region. Berichte über verletzte oder tote Österreicher gibt es allerdings weiterhin nicht. Mit rund 80 Personen, die in der Gegend unterwegs waren, habe man Kontakt, sagte Martin Weiss, Sprecher des Außenministeriums. So habe es bisher rund 100 Anfragen von Angehörigen gegeben. Im Ministerium rechnete man mit noch mehr Betroffenen. "Die Tendenz ist steigend", sagte Weiss.

Internationale Hilfestellungen

Zahlreiche Staaten und Organisationen entsandten Helfer und sicherten finanzielle Unterstützung zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe bereits kurz nach dem Beben Medikamente und Hilfsmittel nach Nepal geschickt, mit denen 40.000 Menschen drei Monate lang notversorgt werden könnten, erklärte die UN-Sonderorganisation am Montag in Genf. Es sei jedoch weit mehr Hilfe nötig, deshalb brauche man dringend rund fünf Millionen Dollar (4,6 Millionen Euro).

Die Europäische Kommission versprach Nepal drei Millionen Euro Soforthilfe. Auch 14 EU-Mitgliedsstaaten sagten bisher Hilfe zu, sagte eine Sprecherin der Europäischen Kommission am Montag in Brüssel. Das Geld solle zur Entsendung von Zivilschutzexperten in die Erdbebenregion fließen, sagte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, Christos Stylianides.

Die Republik Österreich sagte 500.000 Euro zu. Damit soll rund 75.000 Personen in 15.000 Haushalten geholfen werden, hieß es am Montag aus dem Außenministerium. Die Mittel stammen aus dem Auslandskatastrophenfonds und sollen in den Bereichen Gesundheits- und Wasserversorgung sowie bei der Bereitstellung von Behelfsunterkünften und der Behebung von Schäden an Wohnhäusern verwendet werden. Das Österreichische Rote Kreuz hat in einem ersten Schritt 100.000 Euro zur Verfügung gestellt und zwei Mitarbeiter entsandt.

Die Asiatische Entwicklungsbank sicherte 200 Millionen Dollar (rund 183 Millionen Euro) an Unterstützung zu. Für Zelte, Medikamente und Trinkwasser sollen kurzfristig drei Millionen Dollar Soforthilfe bereitgestellt werden.

Das SOS-Kinderdorf Jorpati hat mehr als 20 Zelte für die Erdbebenopfer organisiert. Ein medizinisches Camp für derzeit 130 Patienten wurde aufgebaut. Dort sorgt ein medizinisch ausgebildetes SOS-Team gemeinsam mit lokalen Sozialarbeitern für Erstversorgung, Behandlung und Verlegung kritischer Fälle ins Krankenhaus.

Viele Organisationen riefen zu Spenden für die Erdbebenopfer auf und entsandten ebenfalls Helfer und Material. Gesteuert wird die Hilfe für Nepal vom UN-Büro zur Nothilfe-Koordinierung (OCHA).

Stärkstes Beben seit Jahrzehnten

Das Erdbeben am Samstag war das stärkste in Nepal seit 81 Jahren. Das Epizentrum lag etwa 80 Kilometer nordwestlich von Kathmandu. Große Teile der Infrastruktur Nepals, viele alte Häuser sowie Weltkulturerbe- und Pilgerstätten wurden zerstört. (APA, 28.4.2015)