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Die Jugend treibt das Alter zum Wahnsinn, und dies recht lustig: Valentina Nafornita (als Norina) und Michele Pertusi (als Don Pasquale) in der heiteren Donizetti-Version der Staatsoper.

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Wien - Die "Verjüngung" des reifen Don Pasquale nimmt ihren Ausgang auf dem Massagetisch. Nebst der Beseitigung von Verspannung durch Doktor Malatesta (solide Alessio Arduini), setzt beim Don vornehmlich jedoch die Aussicht auf eine nahende Liaison verschüttete Kräfte frei. Don Pasquale fühlt angesichts der noch unbekannten Angebeteten mindestens "sein Herz anschwellen", während ihm der Doktor den heilenden Ellbogen ins Kreuz rammt. Erweckt fühlt Don Pasquale in sich den leichtfüßigen Galan.

Hier ist schon zu ahnen: Regisseurin Irina Brook wird die Figuren blödeln lassen und blödelnd aufeinanderhetzen; humorigen Kräften würde ihr slapstickartiger Lauf gelassen. Und kaum hat Norina als begehrte Unschuld den Nachtclub betreten (Bühne Noelle Ginefri-Corbel), ist Pasquale im Anbandelstress: Er wechselt nicht ganz unfallfrei coole Posen. Er zieht in seine letzte Schlacht um juvenile Illusionen (am Ende nimmt sich eine reifere Dame seiner an) mit Toupet und falschem Moustache. Doch siehe da: Der Don verwechselt das Toupet mit einem Hut und enthüllt verbeugend seine kahle Platte. Wieder hat er sich also eine Lektion in Lächerlichkeit beschert.

Dabei geht es in Donizettis Don Pasquale nicht um Selbstbestrafung. Ein alter Galan soll vorgeführt werden, damit die Jugend, Norina und Dons Neffe Ernesto, zueinanderfindet. Kaum hat Norina zum Schein der Ehe zugestimmt, beschert sie Don Pasquale denn auch Martern aller Art.

Erst ist es innenarchitektonische Änderungswut, die den Don am Liebreiz der Dame zweifeln lässt. Dann führen Einkaufsrausch und Gewaltandrohung zu Erlösungsgebeten des Alten. Brook lässt jeglichem Ulk freien Lauf, lässt den Club in schrillen Farben erstrahlen und das bunt dekorierte Milieu (passabel der Staatsopernchor) ein bisschen tanzen - die Bühne erstrahlt in faschinggreller Klischeelust:

Wenn Ernesto sein Liedchen an die Geliebte als Schlagergockel im weißen Anzug schmettert, dem zwei mexikanische Gitarreros assistieren, ist somit ein Spaßglanzpunkt erreicht. Auch dank Juan Diego Flórez, der gesanglich (und trotz kleiner Unsauberkeiten) das Niveau des Abends bestimmt: Ihm ist lyrische Klarheit gegeben wie auch edle Hochtonkunst.

Eine Stimme wächst

Jene Dame, die er umgarnt, Valentina Nafornita, gibt eine quirlige Scheindomina, die zwischendurch auch Mitleid für ihr Opfer empfindet. Den Don treibt sie, die hier eine Schauspielerin ist, jedoch konsequent zurück ins Junggesellenglück. Das Kokette, Kapriziöse und Herrische - dies alles ist sinnvoll gebunden an eine Stimme, die jedoch auf sich gut achtgeben sollte. Ihre Spitzentöne sind schon von kostbarer Fülle (bis auf den letzten, der nicht ganz glückte); die Koloraturen sind flüssig. Von der Mittellage abwärts ist die Stimme Nafornita jedoch noch eher unscheinbar.

Zudem war Dirigent Jesús López Cobos keine Sängerhilfe. Er ließ das Staatsopernorchester an heiklen Stellen knallig-derb wüten. Nach der Pause wünschte man zudem, die Musiker hätten da und dort nachgestimmt. Es wirkte in Summe zu unphilharmonisch plump, Akzente hatten etwas von Hammerschlägen, das Sanfte tönte oberflächlich-graul.

Die Sängerarbeit erleichterte all dies natürlich nicht, zumal die Stimmen per se wenig Größe hatten. Der kultivierte Michele Pertusi wird jedoch mit seiner Glanzdarstellung eines tragikomischen Brautwerbers in Erinnerung bleiben. Applaus für eine sympathische Inszenierung, die zwar auf Tiefgang verzichtet, dies aber kurzweilig. (Ljubisa Tosic, DER STANDARD, 28.4.2015)