Ein beträchtlicher Teil der Routine-Kontrollen bei Herzschrittmacher-Patienten sowie die laufendeÜberwachung des Zustandes von Kranken mit chronischer Herzinsuffizienz könnte telemedizinisch abgewickelt werden. Die wissenschaftlichen Daten sprechen eindeutig dafür, stellten Experten vergangenes Wochenende beim "20. Expertentreffen für Herzrhythmustherapie" in Krems in Niederösterreich fest.

Fernnachsorge

Bei den Systemen geht es - wie es in einer Aussendung des Medizintechnik-Unternehmens Biotronik hieß - um die Fernnachsorge bei Patienten mit implantierten Herzschrittmachern oder Kardioverter-Defibrillatoren (ICD). Franz Xaver Roithinger, designierter Vorsitzender der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG), sieht darin einen Nutzen in ökonomischer und medizinischer Hinsicht: "Mithilfe von Home Monitoring wird der Arzt frühzeitig über klinisch relevante Ereignisse informiert und kann so rechtzeitig die Therapie anpassen. Die Behandlung orientiert sich damit am individuellen Bedarf des Patienten. Insbesondere kann die Telemedizin unnötige Routinekontrollen vermeiden."

Die französische ECOST-Studie hat beispielsweise gezeigt, dass dank ambulanter Fernnachsorge mehr als 300 Euro pro Patient und Jahr eingespart werden können. Die Patienten müssen einerseits seltener persönlich in Kliniken und Ambulanzen zu Routinekontrollen fahren, andererseits können akut auftretende Probleme schneller erkannt werden.

Engmaschige Beobachtung wichtig

Andrea Podczeck-Schweighofer, Chefin der 5. Medizinischen Abteilung des SMZ Süd in Wien und Michael Nürnberg vom Wilhelminenspital in Wien betonten den klinischen Nutzen der via "Home Monitoring" geführten Therapie. So helfe die telekardiologische Fernnachsorge, auch schleichende oder asymptomatische Veränderungen im Gesundheitszustand des Patienten rechtzeitig zu erkennen.

"Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz stellen komplexe Krankheitsbilder dar, die von Patient zu Patient unterschiedlich verlaufen und in ihrer Entwicklung nur schwer vorhersehbar sind. Einige Rhythmusstörungen, wie etwa das Vorhofflimmern, können auch längere Zeit unbemerkt verlaufen, der Patient verspürt keine Symptome. Daher ist eine engmaschige Beobachtung des Gesundheitszustandes des Patienten sehr wichtig für den Behandlungserfolg", sagte Andrea Podczeck-Schweighofer.

Weniger Ambulanzbesuche

Wissenschaftliche Studien zeigen laut der Wiener Kardiologin eindeutig die Vorteile der Technik. In Österreich leben mehr als 50.000 Patienten mit einem Herzschrittmacher. Jährlich werden 8.200 dieser Geräte implantiert. Hinzu kommen 2.200 Kardioverter-Defis. Das bedingt pro Jahr 79.000 Implantat-Nachsorgen, die noch größtenteils in Ambulanzen erfolgen.

2010 erschien in der Fachzeitschrift "Circulation" die sogenannte Trust-Studie, in der bei 1.339 Patienten mit implantierten Schrittmachern durch das Home Monitoring eine Reduktion der Anzahl von Ambulanzbesuchen zur Nachsorge um 45 Prozent reduziert werden konnte. Bei der Früherkennung von neu auftretenden Herzrhythmusstörungen wurde in zwei Studien gezeigt, dass die telemedizinischeÜberwachung solche Probleme gut ein Monat früher erkennbar macht.

Im vergangenen Jahr erschien in der britischen Medizinfachzeitschrift "The Lancet" eine wissenschaftliche Untersuchung zur telemedizinischen Überwachung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Dabei zeigte sich, dass in der Gruppe jener Kranken, bei denen die wichtigen Informationen über deren aktuellen Zustand per Telemedizin übermittelt worden waren, die Mortalität von 8,7 Prozent auf 3,4 Prozent sank. (APA, 28.04.2015)