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Darstellung des 138 Meter langen Tunnels unter dem Tempel des Quetzalcoatl.

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Bereits im Vorjahr entdeckten Archäologen dort tausende Artefakte.

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Der Tempel des Quetzalcoatl (gefiederte Schlange) ist die drittgrößte Stufenpyramide in Teotihuacán, einer der bedeutendsten prähistorischen Ruinenstädte Amerikas.

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Teotihuacán - Zu ihrer Blütezeit im 5. und 6. Jahrhundert war Teotihuacán im heutigen mexikanischen Bundesstaat México die wichtigste Metropole Mesoamerikas und eine der größten Städte der Welt. Im 14. Jahrhundert fanden die Azteken sie verlassen vor. Was zum Niedergang der Kultur führte, ist bisher nicht vollständig geklärt.

Mexikanische Archäologen haben nun nach eigenen Angaben in einem Tunnel unterhalb des dortigen Tempels der "gefiederten Schlange", Quetzalcoatl, große Mengen an Quecksilber entdeckt. Die Gottheit Quetzalcoatl (dargestellt als Klapperschlange mit Federn des Quetzalvogels) nahm in den Religionen verschiedener präkolumbischer Kulturen Mittelamerikas eine zentrale Rolle ein. Die ihr geweihte Tempelpyramide ist die drittgrößte in Teotihuacán.

Suche nach Herrschergräbern

Der Fund könne als Hinweis auf die seit langem gesuchten rituellen Grabkammern der einstigen Herrscher von Teotihuacán gewertet werden, sagte Sergio Gómez vom mexikanischen Instituto Nacional de Antropología e Historia (INAH) auf einer Pressekonferenz. Trotz vieler gut erhaltener Artefakte der Teotihuacán-Kultur ist nur wenig über deren herrschende Elite bekannt. Archäologen hoffen, der Fund der Herrschergräber könnte Aufschluss über das vergleichsweise abrupte Ende der Kultur geben.

Der Eingang zu dem in 18 Metern Tiefe gelegenen Tunnel, der mit einer Länge von 138 Metern aus Richtung der sogenannten Sonnenpyramide unter den Tempel des Quetzalcoatl verläuft, war bereits 2003 entdeckt worden. In den darauffolgenden Jahren legten Archäologen den Gang Stück für Stück frei - und machten dabei sensationelle Entdeckungen.

Zigtausende Opfergaben

So verkündeten Gómez und Kollegen erst im Vorjahr die Freilegung dreier Kammern, die rund 50.000 Opfergaben enthielten. Unter den Funden waren Statuen, Weihrauchbehälter, gut erhaltene Holzobjekte, Hautreste von Großkatzen, aus Guatemala importierte Jade sowie große Muscheln aus dem Golf von Mexiko und der Karibik. Außerdem fand sich an einem Tunnelabschnitt ein "künstlicher Nachthimmel" aus glitzernden Steinen, die Sterne repräsentierten.

Video aus dem Jahr 2014.
INAH TV

Nach Ansicht der Forscher symbolisierte der Tunnel für die Bewohner von Teotihuacán den Eingang zur Unterwelt. Dass sie hier auch ihre Herrscher bestatteten, wäre naheliegend. Und auch die aktuellen Quecksilberfunde sprechen nach Angaben der Archäologen dafür, dass sich königliche Grabkammern in unmittelbarer Nähe befinden könnten: Das giftige Schwermetall dürfte für die mesoamerikanischen Kulturen zwar keinen praktischen Nutzen gehabt haben, frühere Funde an anderen archäologischen Stätten sprechen aber für eine wichtige symbolische Bedeutung.

Funkelnder Unterweltfluss?

"Es könnte sich um eine rituelle Darstellung des Unterweltflusses der Maya handeln - vergleichbar mit dem altgriechischen Styx", kommentierte Annabeth Headreck von der University of Denver den Fund. Das glitzernde, reflektierende Quecksilber habe die Menschen offenkundig fasziniert.

Aufgrund der großen Mengen des gesundheitsschädlichen Schwermetalls müssen die Forscher ihre Arbeit nun jedenfalls in Schutzanzügen fortsetzen. Für die mögliche Lösung des uralten Rätsels um Teotihuacán sei das allerdings ein geringer Preis, meinte Gómez. (David Rennert, derStandard.at, 30.4.2015)