Die EU-Kommission plant offenbar doch einen neuen Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung. Ein entsprechender Vorschlag werde auf seine Weisung hin erarbeitet, sagte Digital-Kommissar Günther Oettinger in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit dem Online-Portal "Futurezone". "Unser Zeitplan geht hier tendenziell in Richtung zweite Jahreshälfte 2016."

Der Vorschlag könnte ähnlich wie die nun in Deutschland geplante Regelung eine Speicherdauer aller Verbindungsdaten von zehn Wochen vorsehen. "Ob zehn Wochen oder sechs Wochen, da möchte ich dem Rat von Fachleuten folgen, die von der Verfolgung von Straftaten eine Ahnung haben", sagte Oettinger.

Nach deutschem Vorbild

Eine frühere EU-Richtlinie verpflichtete Telekomfirmen in ganz Europa zur Speicherung von Verbindungsdaten ihrer Kunden für zwei Jahre, um den Behörden bei Ermittlungen zur Verfügung zu stehen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte die Regelung aber im April 2014 als zu großen Eingriff in die Privatsphäre. In Österreich möchte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nun nach deutschem Vorbild eine nationale Regelung für die Datenspeicherung.

Der EU-Kommissar verteidigte die Pläne zu einer neuen Richtlinie. "Ich sage als Bürger: Ich finde den Eingriff in meine Privatsphäre vertretbar", betonte Oettinger.

"Vielleicht wäre die Aufklärungsrate ohne diese Möglichkeiten ja gesunken."

Der deutsche Kommissar antwortete auch auf Einwände, trotz Datenspeicherung seien die Aufklärungsraten nicht gestiegen. "Vielleicht wäre die Aufklärungsrate ohne diese Möglichkeiten ja gesunken. Es geht außerdem nicht nur um die Aufklärung von bereits verübten Verbrechen, sondern auch um die Vermeidung von geplanten Straftaten. Wenn ein Fachmann für innere Sicherheit das Instrument verlangt, dann will ich es auch zur Verfügung stellen. Zurückziehen kann man das Werkzeug immer noch."

Taliban

Auch zum Thema Copyright nahm Oettinger Stellung. Auf die Frage, ob Sperren für Internet-Benutzer aus bestimmten Ländern nicht sinnlos seien, da sich solche Beschränkungen leicht übergehen ließen, sagte der Kommissar dem Interviewer, er müsse auch die Seite der Rechteinhaber sehen: "Ich versuche, die Balance zu wahren. Sie sind in dieser Sache ein Taliban." Er traue es sich zu, eine zum Erfolg führende Regelung zustande zu bringen. (APA, 28.4. 2015)

UPDATE 28.4.: Laut Online-Portal Futurzone plant die EU KEINE neue Vorratsdatenspeicherung. Der STANDARD zieht die Meldung zurück.