Bild nicht mehr verfügbar.
Zuletzt sind die Kämpfe in der Ostukraine wieder aufgeflammt. Doch auch in der relativen Ruhepause war das Militärgerät stets präsent.
Die Gerüchteküche brodelt in beiden Lagern: Gibt es bald eine neue Rebellenoffensive? Seit Februar wurde den Kämpfern dort verschiedenen Berichten nach ein neuer Frontverlauf bis zum "Tag des Sieges", Russlands Nationalfeiertag am 9. Mai, versprochen. Angeheizt wurden die Spekulationen jüngst durch ein Interview von Separatistenführer Alexander Sachartschenko, der Kiew die Verletzung des Minsker Abkommens vorwarf und die Rückkehr schwerer Waffen an die Front androhte.
In Mariupol sind täglich die Gefechte zu hören, die östlich der Hafenstadt um das Dorf Schirokino in einer seit dem Ende des Debalzewo-Kessels unerreichten Härte und Intensität geführt werden. Die Kriegsparteien werfen sich dabei gegenseitig den Einsatz schwerer Waffen vor. Allein an einem Tag sprach die Armeeführung von 22 Verstößen gegen den Waffenstillstand entlang der Front, die Rebellen gar von 41.
Und so bereitet sich auch die ukrainische Führung auf eine Fortsetzung des Konflikts vor. In Mariupol werden eifrig Befestigungen gebaut, für die die Regierung knapp 32 Millionen Euro genehmigt hat, und in Kiew warnte Präsident Petro Poroschenko auf einer Investorenkonferenz: "Der Krieg kann jederzeit beginnen."
Waffen aus Europa
Premier Arseni Jazenjuk bat westliche Geldgeber um mehr Finanz- und Militärhilfe. Die Entscheidung über die Finanzierung des Wiederaufbaus des Donbass hat die EU zur Enttäuschung Kiews zurückgestellt, weil dessen politische Zukunft unklar ist. Auch größere zinslose Kredite für Kiew wird es nicht geben. Waffen wurden hingegen offenbar trotz bisher gegenteiliger Behauptungen schon geliefert. Dies jedenfalls erklärte der Vizechef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Waleri Tschaly. "Gibt es Waffenlieferungen aus europäischen Ländern an uns? Ja, gibt es", sagte er in einem Interview.
Aus welchen Ländern konkret die Ukraine mit Waffen versorgt wird, wollte Tschaly nicht verraten. Zugleich räumte er ein, dass Kiew sich eine "aktivere" militärisch-technische Hilfe wünsche. Separatistenunterhändler Denis Puschilin forderte nach Tschalys Aussage eine Erklärung von EU-Ratspräsident Donald Tusk zu dem Sachverhalt.
Unfall auf Schießplatz
Auch die Rebellen schießen nicht mit Steinschleudern. Die Militärausrüstung der prorussischen Kämpfer hat sich seit dem Waffenstillstand verbessert. Panzer und Fahrzeuge kommen über die durchlässige russische Grenze. Das US-Außenministerium warf Moskau zuletzt sogar vor, eine Rekordzahl an Luftabwehrwaffen im Donbass stationiert zu haben.
Moskau hat direkte Waffenhilfe an die Rebellen stets bestritten, doch die hohe Konzentration von Militärtechnik entlang der Grenze wurde am Dienstag durch einen Unfall auf einem Schießplatz im Gebiet Rostow dokumentiert, als ein Artilleriegeschütz explodierte. Stundenlang kämpften Rettungskräfte mit dem durch Munition immer wieder angeheizten Feuer. Es ist der vierte Unfall seit einem Jahr auf dem lange stillgelegten Übungsplatz, bei dem Soldaten verletzt oder getötet wurden. Untersuchungen dazu wurden bisher nicht veröffentlicht. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 29.4.2015)