San Francisco – Der Kurznachrichtendienst Twitter hat die Anleger mit seinen Quartalszahlen schwer enttäuscht. Die Aktie verlor am Dienstag gut 18 Prozent an Wert, nachdem Eckdaten vorzeitig durchgesickert waren. Twitter steckt weiterhin tief in den roten Zahlen. Im ersten Quartal gab es einen Verlust von 162,4 Millionen Dollar (147,6 Millionen Euro). Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 74 Prozent auf 436 Millionen Dollar.
Twitter verfehlte damit aber sowohl die eigenen Vorhersagen als auch die Erwartungen der Analysten. Auch die Prognose für 2015 wurde gekappt. Twitter musste die Zahlen früher als geplant noch während des regulären Handels vorlegen, weil Eckdaten ungefähr eine Stunde zu früh durchgesickert waren. Die auf das Aufspüren von Informationen im Netz spezialisierte Firma Selerity hatte sie veröffentlicht – ironischerweise über Twitter. Ein ähnlicher Coup war Selerity schon im Jahr 2011 bei Microsoft-Zahlen gelungen. Damals waren sie von dem Software-Konzern früh ins Netz gestellt und von den Datenjägern entdeckt worden.
Die Twitter-Aktie verlor nach Auftauchen der Zahlen zunächst fast sechs Prozent. Danach wurde sie vom Handel ausgesetzt und stürzte nach der Wiederaufnahme richtig ab, zeitweise um bis zu 22 Prozent.
Übernahme und Partnerschaft
Dabei kündigte Twitter auch eine Übernahme und eine Partnerschaft mit Google an, um das Werbegeschäft in Schwung zu bringen. Der Konzern kauft die Firma TellApart, die auf Anzeigen-Dienste für Handelsunternehmen spezialisiert ist. Twitter-Chef Dick Costolo war ein früher Investor bei TellApart. Außerdem wird Twitter künftig Anzeigen-Plätze auch über Googles Plattform Doubleblick vermarkten. Das könnte großen Werbekunden entgegenkommen.
Die Zahl aktiver Nutzer bei Twitter stieg binnen drei Monaten von 288 auf 302 Millionen im Monat. Rund 80 Prozent von ihnen greifen auf den Dienst von Smartphones und Tablets zu.
Verlust im Vorjahresquartal
Schon im Vorjahresquartal hatte Twitter knapp 132,4 Millionen Dollar verloren. Dass die Umsatzziele im Quartal verfehlt wurden und auch im gesamten Jahr nicht erreicht werden, erklärt der Konzern mit dem starken Dollar. Das lässt Auslandseinnahmen bei der Umrechnung in die US-Währung niedriger in der Bilanz erscheinen.
"Das sind definitiv schlechte Nachrichten, das kann man nicht schönreden", sagte Victor Anthony, Analyst von Axiom Capital in einer ersten Reaktion. Irgendetwas müsse sich verändert haben, seit Twitter im Februar die Jahresprognose vorgelegt habe. "Das setzt das Management nun unter immensen Druck, in diesem Jahr mehr Geld aus den Plattformen herauszuholen."
Todd Schoenberger von Landcolt Capital erklärte, es sei kein guter Umstand, dass es ein "Datenleck" bei den Bilanz-Zahlen gegeben habe. "Wenn sie (Twitter) die Quartalszahlen nicht sicher handhaben können, können sie das dann mit Kundendaten?" (APA, 29.4.2015)