Caryl Churchills "Skriker", das in der Regie von Babett Arens zu sehen ist, verbreitet Weltuntergangsatmosphäre, dies aber nicht sonderlich tiefgründig.

Foto: Bettina Frenzel

Wien - Klimawandel, Finanzkrise, Kriege, Ebola, Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrinken, Terror. Die Bad News nehmen kein Ende, und früher war alles besser. Natürlich war es das nicht. Doch scheint es manchen gerne so.

Unfreiwillig scheint es auch in Caryl Churchills Skriker, das im Kosmos Theater (Regie: Babett Arens) Endzeitstimmung verbreitet, so. 1994 hat die britische Dramatikerin Goethes Faust'schen Mephisto, Grimm's Rumpestilzchen und Goldmarie und Pechmarie und die Skriker der keltischen Sagenwelt genommen und, in postmoderner Manier, einmal durchgerührt. Herausgekommen ist ein Stück, das viel will, 20 Jahre später aber eher zahnlos wirkt.

"Ist dir in letzter Zeit die große Zahl von Naturkatastrophen aufgefallen? (...) Diesmal kommt der große Knall", prophezeit Skriker (Ingrid Lang), die zu Anfang Monobraue tragende und zu Ende beinah barbusige böse Fee aus der Videoprojektions-Unterwelt (Pablo Leiva), als Mahnerin des Weltuntergangs. Die Gewarnten sind Josie (Katharina von Harsdorf) und Lily (Michaela Schausberger), junge Schwestern am Übergang zum Muttersein, deren Babies Skriker gegen die Erfüllung einiger törichter Wünsche abtauschen will.

Denn Skriker lebt von der Energie Neugeborener. Eigentlich ist sie aber gekommen, um Rache für das Allmachtsgehabe der Menschen zu nehmen, mit dem sie die Welt fortwährend an den Rand des Kollapses treiben. Auch wenn diese Verknüpfung die Frage der Generationenschuld auf's Tapet bringt und zeigt, dass niemand, egal wie unwissend oder desinteressiert, von der Verantwortung ausgenommen ist - vor allem macht sie die Geschichte um Wahn und Verführung unentschlossen und verwinkelt.

Schade, denn eigentlich kennt Churchill die Knackpunkte des Zusammenlebens: "Alle (...) glauben, dass sie etwas Besseres verdienen", "Was weißt du schon von dir selbstsüchtig?" und "Du wirst nie mehr zurückkehren mit dem Besen vor deiner eigenen Tür" - "Ich bring euch, was das Herz begehrt und schenke euch ein wahres Wort" klingt angesichts dessen natürlich nach einer ungemütlichen Drohung.

Die Direktheit der Satztreffer verschleift sich über das ganze Stück jedoch zu einer humorlosen Welterklärung. Der Zeigefinger ist dabei so unbeugsam erhoben, dass er nicht zu berühren vermag. Für Betroffenheit zu kurios in der Anlage, für Ironie (die einzige Möglichkeit, heute noch gutmenschig zu sein, ohne naiv zu wirken) zu brav. (Michael Wurmitzer, DER STANDARD, 29.4.2015)