Astana/Wien - Die beiden Angeklagten im Prozess um die Ermordung zweier kasachischer Bankmanager, die der verstorbene Ex-Botschafter Kasachstans in Wien, Rakhat Aliyev, veranlasst haben soll, sind am Mittwoch aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Grund dafür seien unter anderem "widersprüchliche Angaben aus Kasachstan" gewesen, erklärte der Vorsitzende Richter Andreas Böhm am Wiener Straflandesgericht.

Ausschlaggebend waren unterschiedliche Auskünfte seitens der kasachischen Justiz über die Rechtskraft von Urteilen gegen die Angeklagten Alnur Mussayev, den Ex-Chef des kasachischen Geheimdienstes, sowie Aliyevs Sicherheitsberater Vadim Koshlyak. Beide wurden im Jahr 2008 in Abwesenheit von einem Militärgericht zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Kurz vor der Mittagspause legte der Verteidiger Koshlyaks, Walter Engler, dann einen Auszug aus einem Rechtshilfeersuchen Österreichs an Kasachstan vor, in dem die Urteile im Fall Aliyev als rechtskräftig bestätigt werden. Doch nach Angaben von Richter Böhm hatte die kasachische Justiz erst vergangene Woche dem Gericht in Österreich bezüglich der Rechtskraft genau das Gegenteil mitgeteilt. Dies hatte er gestern verlesen.

Staatsanwalt Markus Berghammer kritisierte nach der Mittagspause und einer kurzen Beratung, dass bei dem von der Verteidigung vorgebrachten Dokument - bei dem es sich laut Richter Böhm offenbar um einen "Strafregisterauszug" handelte - nicht zu erkennen sei, von "wem und wann" dieser Eintrag getätigt wurde.

Nach einer mehrminütigen Besprechung des Drei-Richter-Senats gab Richter Böhm bekannt, dass trotz den Einwänden die U-Haft so nicht mehr haltbar sei. In seiner Begründung für die Entlassung Mussayevs und Koshlyaks betonte er auch, dass die Anklageschrift "nahezu ausschließlich" auf Informationen kasachischer Behörden beruht.

Entscheidend für den heutigen Beschluss seien auch die Ausführungen des Gerichtsmediziners Daniele Risser, führte Böhm fort. Der Gutachter hätte festgestellt, dass die Leiche der beiden Banker, Zholdas Timraliyev und Aybar Khasenov, so konserviert gewesen seien, als ob die Täter erreichen wollten, dass sie gefunden und identifiziert werden.

Richter Böhm hat sich zudem über die häufigen Aussagenänderungen der Zeugen sowohl vor als auch in dem Verfahren gewundert: "Zeugen hätten plötzlich mehrere Aussagen geändert." So waren die heutigen Aussagen des ehemaligen Mitarbeiters der Nurbank, Nurlan Barakbayev, von mehreren Widersprüchen geprägt gewesen. Falschaussagen habe es in diesem Verfahren schon einmal gegeben, hob der Richter hervor.

Böhm äußerte auch vorsichtig die Vermutung, dass das Ganze eventuell von Kasachstan gesteuert werden könnte. So hätte die Witwe Timraliyevs, Armagul Kapasheva, angegeben, dass die Summe in Höhe von zehn Millionen Euro für den Opferverein "Tagdyr" unter anderem auch von Geschäftsleuten mitfinanziert wurde, die sie namentlich nicht nennen wollte.

Daraufhin reichte Gerald Ganzger von der Wiener Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner (LGP), die für "Tagdyr" die Witwen der getöteten Banker vertritt, einen Antrag auf Ablehnung wegen Befangenheit der Richter ein. Auch seien "mehrere Themen in die Entscheidung eingeflossen", die mit der Tat so nichts zu tun hätten.

Nach einer mehrminütigen Besprechung des Drei-Richter-Senats wies Böhm den Antrag Gangzers ab und hielt fest: "Zusammengefasst: Der Drei-Richter-Senat geht nicht mehr von einem dringenden Tatverdacht aus." (APA, 29.4.2015)