Das lange Anstehen um die Erlaubnis, ins gewünschte Gymnasium zu wechseln, endet bisweilen mit einer herben Enttäuschung.

Foto: Regine Hendrich

Graz – "Wie erkläre ich das jetzt Alex?", fragt die besorgte und zornige Mutter. Monatelang habe sich der Volksschüler gefreut, ab Herbst ins Grazer Seebacher-Gymnasium zu gehen, er habe sich auch das ganze Jahr über bemüht, alle erforderlichen "Einser" zu bekommen, zudem wohne die Familie gleich um die Ecke - und jetzt sei die überraschende Absage im Postfach gelegen.

Alex ist nicht der Einzige. Zahlreiche andere Kinder, die an sich die Kriterien - Wohnort in Schulnähe, alle Fächer auf "sehr gut", Geschwister in der Schule - erfüllen, wurden nicht ins Gymnasium aufgenommen. Unter den betroffenen Eltern herrscht jetzt helle Aufregung, und sie erheben gegen den Direktor der öffentlichen Schule schwere Vorwürfe: Dieser agiere "völlig willkürlich" und suche sich die Kinder nach eigenem Gutdünken aus.

Das Los entscheidet

"Der Direktor hat uns mitgeteilt, dass er bei manchen Fällen auch mit dem Los entscheidet, ob ein Kind bei ihm aufgenommen wird oder nicht. Wir haben bis heute keine Ahnung, nach welchen Kriterien wirklich ausgewählt wurde. Jetzt kann man sich vorstellen, was passiert, wenn die Schulen und Direktoren noch mehr Autonomie bekommen. Dann gibt's überhaupt keine Kontrolle mehr", sagt Alex' Mutter.

Maria-Theresia Lutz, Mutter eines Buben, der wie Alex abgelehnt wurde, ist ebenso irritiert: "Unsere Kinder sind nun gezwungen, entweder ein paar Stationen mit der Bim zu fahren oder einen viel weiteren Fußweg, entlang der viel befahrenen Leonhardstraße mit schmalen Gehsteigen, zu nutzen. Mir ist das ganze Vorgehen völlig unverständlich. Schule und Direktor sollten den Vergabevorgang offenlegen."

Es habe den Eindruck, alles liege "alleine in den Händen eines Mannes, der die Plätze nach persönlichem Gusto vergibt".

Gymnasialdirektor Wolfgang Kasper zeigt sich verwundert über die Kritik: "Ich bedaure als Schulleiter sehr, dass wir leider nicht alle Kinder, die von ihren Eltern bei uns angemeldet werden, aufnehmen können. Ich schaue mir sehr genau an, für welche Kinder wir das näheste Gymnasium sind. Nach Erhalt der Abweisungen haben mich rund 15 Eltern kontaktiert. Alle Gespräche bis auf eines verliefen in äußerst freundlicher Atmosphäre."

Landesschulrat prüft

Im Landesschulrat will man nun aufgrund der Proteste der Eltern sich die Sache aber dennoch genauer anschauen. Die amtsführende Präsidentin des steirischen Landesschulrates, Elisabeth Meixner, sagte im Gespräch mit dem Standard, die zuständige Schulaufsicht werde "unverzüglich damit beauftragt, den Hinweisen nachzugehen".

Über etwaige Konsequenzen werde erst "nach Prüfung des Sachverhaltes entschieden". Elisabeth Meixner: "Wir können aber versichern, dass die Direktorinnen und Direktoren alle Möglichkeiten zur Vermeidung von Abweisungen ausschöpfen und sich den Entscheidungsprozess nicht einfach machen." (Walter Müller, DER STANDARD, 30.4.2015)