Die derzeitige Sexualerziehung in Schulen bedarf dringend einer Überarbeitung. In den offiziellen Unterrichtsmaterialien findet sich zum Beispiel keine einzige Abbildung von nackten Menschen. Dabei hatte bereits 1972 ein Aufklärungsbuch nicht nur auf den Innenseiten, sondern sogar auf dem Coverbild ein nacktes Paar mit Kind abgebildet.

Auch der neue Erlass des Bildungsministeriums für Sexualpädagogik an den Schulen greift zu kurz. Während sich Jugendliche im Internet jede Art von Pornografie ansehen können, gibt es in dem neuen Entwurf keine brauchbare Erläuterung darüber, wie sich junge Menschen wirksam vor ungewollten Schwangerschaften schützen können. Viel zu lange hat die katholische Kirche mit ihrer lebensfremden und lustfeindlichen Vorstellung von Sexualität den Menschen vorgeschrieben, wie sie den intimsten Lebensbereich zu gestalten haben. Das Ergebnis ist mit rund 30.000 Abtreibungen jährlich eine der höchsten Abtreibungsraten in Westeuropa.

Selbstbestimmte Sexualität

Wenn wir dies ändern wollen, müssen wir auch in der Pädagogik jungen Menschen alle Informationen für eine selbstbestimmte Sexualität vermitteln. Dazu gehört insbesondere auch, wie sie sich vor ungewollten Schwangerschaften schützen können. Wir müssen aber auch dafür Sorge tragen, dass sich alle Jugendlichen Verhütungsmittel leisten können, insbesondere die sehr wirksamen, aber kostspieligeren Langzeitmethoden.

Basierend auf unserer langjährigen Expertise bei der Prävention ungewollter Schwangerschaften haben wir für die Beratung von Jugendlichen Strategien entwickelt, um die Anwendung wirksamer Verhütungsmethoden zu fördern. Im Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch wenden wir diese Strategien seit acht Jahren sehr erfolgreich und bei sehr großer Nachfrage an.

Vor allem schärfen wir das Bewusstsein der Jugendlichen dafür, dass sie sich bei jedem Geschlechtsverkehr wirksam schützen müssen, wenn sie kein Kind zeugen möchten: "Verhütung macht Schule".

Verhütung macht Schule

Unzählige Schulklassen kommen im Rahmen ihres Unterrichtes zu unseren sexualpädagogischen Führungen ins Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch (MUVS). Dabei sehen wir, dass die Sexualerziehung an Schulen oftmals ungenügend ist. Wir Erwachsene werden unserer Verantwortung gegenüber der jungen Generation nicht gerecht und geben das verfügbare Wissen und die mögliche Unterstützung nicht an unsere Kinder weiter. Vor allem lassen wir sie mit den ungewollten Folgen ihrer Sexualität allein.

So kommt im neuen Entwurf zur Sexualerziehung das Wort "Schwangerschaft" kein einziges Mal vor. Wie aber sollen junge Menschen lernen, sich vor ungewollten Folgen der Sexualität zu schützen, wenn wir Erwachsene ihnen die wichtigsten Informationen vorenthalten? Deshalb muss im neuen Erlass des Bildungsministeriums dringend ein Kapitel über "Prävention ungewollter Schwangerschaften" eingefügt werden.

Weiter heißt es unter dem Punkt "Pädagogische Haltung", die Lehrkräfte müssten keinesfalls Experten in Sachen Sexualerziehung sein. Erwachsen sein allein reicht aber erfahrungsgemäß nicht aus. Es bedarf der Auseinandersetzung mit eigenen Einstellungen und Werten, gerade in der Sexualität. Gewährleistet werden müssen Fortbildungen für Lehrkräfte mit der Möglichkeit zur Reflexion. Gegebenenfalls müssen sie auch ihre Grenzen erkennen und an andere Experten verweisen.

Ferner wird im neuen Erlass auch öfter von einer "positiven Haltung" gegenüber der menschlichen Sexualität beziehungsweise von einer "positiven pädagogischen Haltung" gesprochen. Was das genau heißen soll, bleiben die Autoren allerdings schuldig. Als Beispiel sind jedenfalls die Standards für Sexualaufklärung der WHO und der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu nennen. "Sexualaufklärung befähigt die Menschen, sich als sexuelle Wesen zu entwickeln. Dies bedeutet zu lernen, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken, Sexualität lustvoll zu erfahren sowie die eigene Geschlechterrolle und sexuelle Identität zu entwickeln."

Lustvoll erleben

Sexualpädagogik darf nicht nur problemorientiert sein, sondern muss auch die vielen positiven Aspekte vermitteln. (Christian Fiala, Elisabeth Parzer, DER STANDARD, 30.4.2015)