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Die für Beamte im Verkehrsministerium gekauften Computerbrillen waren 2,5-mal so teuer wie im Wirtschaftsministerium.

Foto: Reuters

Wien - Wenn das Verkehrsministerium für seine Bediensteten Computerbrillen anschafft, dann gibt es keine Garantie, dass die Sehbehelfe gleich viel kosten wie jene, die das Wirtschaftsministerium für seine Staatsdiener kauft. Wohl hält sich die Republik seit 2001 mit der BBG eine Bundesbeschaffungsagentur für zentralen Einkauf, den Ministerien bleibt aber genügend Spielraum für Direktvergaben bei ihren Anschaffungen.

Genau diese Praxis rügt der Rechnungshof (RH) in seinem am Mittwoch dem Parlament zugeleiteten Bericht. Bei den Computerbrillen schnitt das Verkehrsministerium unter der damaligen Ministerin Doris Bures (SPÖ) deutlich schlechter ab als das zwei Häuser weiter im Regierungsgebäude domizilierte Wirtschaftsressort. Beide Ministerien schlossen Rahmenvereinbarungen über den Ankauf von Bildschirmbrillen ab, die sie ihren Bediensteten gemäß Verordnung unentgeltlich zur Verfügung stellten.

Doppelt so teuer

Das Problem: Die Gläser vergleichbarer Qualität kosteten im Verkehrsministerium 350 Euro, im Wirtschaftsressort nur 136 Euro. Gleitsichtbildschirmbrillen schlugen im BMVIT mit 700 Euro zu Buche statt mit 279,60 Euro. Laut RH resultiert die Preisdifferenz daraus, dass das BMVIT keine Preisauskünfte im Fachhandel einholte (angeschafft wurden insgesamt 41 Brillen, also keine Massen, für die eine Ausschreibung lohnt), sondern ein 2007 getroffener Pakt einfach verlängert wurde. Das Wirtschaftsministerium kaufte 2011 zwar ebenfalls beim gleichen Händler, hatte zuvor aber die Preise verglichen und so den gleichen Preis bekommen wie 2006.

Sein Fett bekommt das von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) geführte Wirtschaftsministerium hingegen hinsichtlich des teilstaatlichen Energiekonzerns Verbund AG ab. Konkret geht es um eine Studie über die "Strategische und wirtschaftliche Position der Verbund AG im europäischen Vergleich". Die Expertise kostete 98.400 Euro - möglicherweise zu viel, wie die RH-Prüfer monieren, denn die Direktvergabe sei ebenso mangelhaft gewesen wie die ebenfalls extern (um 97.200 Euro) zugekaufte "Analyse über den österreichischen Strom- und Gasmarkt": Die schriftliche Beauftragung erfolgte erst, nachdem die Leistung bereits erbracht war bzw. bereits in Gang war.

Ohne Vergleichsstudie

Die Gasmarktstudie wurde sogar bezahlt, bevor die Auftragsvergabe überhaupt unterschrieben war. Darüber hinaus, kritisiert der RH, habe das Ministerium eine Einschränkung der Nutzungsrechte der Studie akzeptiert (der Auftragnehmer konnte sie also auch anderwertig verwerten) und die Preiskalkulation war ebenso wenig ausreichend dokumentiert wie die Vergabeentscheidung. Vergleichsangebote fehlten, schreibt der RH, der die Preisangemessenheit nicht prüfen konnte, weil die Studien zum Zeitpunkt der Gebarungsprüfung nicht "veraktet" waren.

Wiewohl die beiden Ministerien dies betonen: Die vom RH kritisierten Vorgänge dürften keine Einzelfälle sein. Das interne Kontrollsystem würde häufig missachtet, es fehlte ein ressortweiter Überblick, und überhaupt würden Beschaffungen nicht systematisch erfasst. Daten für ein Controlling lagen nicht vor, Meldepflichten konnte "nicht in qualitativ angemessener Weise" nachgekommen werden. Da Ämter und Behörden häufig zu Direktvergaben griffen, anstatt öffentliche Ausschreibungen durchzuführen, komme der Wettbewerb zu oft unter die Räder - und in der Folge die Prüfkriterien des Rechnungshofs, nämlich Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

Insgesamt beziffert der RH die von den beiden Ministerien überwiegend via Direktvergaben zugekauften Leistungen und Waren mit zehn bis elf Millionen Euro pro Jahr und Haus.

Der Effekt der RH-Rügen dürfte überschaubar bleiben. Denn das Bundeskanzleramt ist gerade dabei, das Bundesvergabegesetz zu ändern. Die während der Wirtschaftskrise hinaufgesetzten Schwellenwerte für Direktvergaben werden dabei zwar nicht erhöht, aber dafür will man vom Billigstbieterprinzip abrücken und ein Bestangebotsprinzip einführen, wie es in den Erläuterungen heißt. Damit würde höhere Qualität bei der Leistungserbringung gewährleistet. Allerdings wird es somit schwieriger, Zuschlagsentscheidungen nachzuvollziehen. Druck in diese Richtung komme von der Bauwirtschaft, heißt es in Regierungskreisen. (ung, DER STANDARD, 30.4.2015)