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Außenminister Sebastian Kurz vor dem Google-Campus in Mountain View.

Foto: APA/Außenministerium/Dragan Tatic

Futuristisch: Prototyp des selbstfahrenden Google Car in Mountain View.

Foto: gianluca wallisch

Traditionell: Am weitläufigen Google Campus bewegt man sich bevorzugt mit Fahrrädern in Corporate Design-Farben.

Foto: gianluca wallisch

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Parkplatz für e-Autos bei Facebook in Menlo Park.

Foto: APA/Außenministerium/Dragan Tatic

An der roten Ampel hält ein weißer SUV, angetan mit eigenartigen technischen Apparaturen oben auf dem Dach und seitlich an den Kotflügeln – ein Prototyp des Google Car! Das gibt’s ja wirklich! Und damit es keine Missverständnisse gibt, klebt auch diskret "self driving car" auf der Fahrertür.

Zur Sicherheit sitzt auch ein Mensch auf dem Fahrersitz, sollte der Prototyp plötzlich farbenblind werden und losfahren. Der Testfahrer dürfte die glotzenden Blicke der Passanten wohl schon gewöhnt sein, er schaut lässig geradeaus in den schwachen Verkehr von Mountain View. Da vorne, einmal abgebogen hinter der Hügelkuppe, mitten im Nirgendwo, da liegt am Amphitheatre Parkway die Firmenzentrale von Suchmaschinenkönig und Datensammelweltmeister Google. Auch diese Firma gibt es wirklich, mit echten Menschen und echtem Firmencampus.

High-Level-Meetings

Dort trifft Außenminister Sebastian Kurz mit Managern der obersten Führungsriege zusammen. Unter ihnen der Österreicher Gerhard Eschelbeck, der erst vor wenigen Wochen seinen Job als Sicherheitschef bei Google angetreten hat.

Unter Sicherheit, zumal Datensicherheit, versteht Google vor allem die eigene Sicherheit und den Schutz vor Hackern; schließlich hortet man persönliche Daten von Millionen von Unternehmen und Milliarden von Menschen. Und natürlich gibt man solche Schätze nicht gern preis, wenn es darum geht, diese Daten mittels Algorithmen zu Wissen zu machen und dieses Wissen zu monetarisieren.

Immer mehr Besucher von ausländischen Regierungen

Kooperativ zeigt man sich aber zumindest im Kontakt mit Regierungsbehörden; nicht nur jenen der USA, sondern auch mit solchen der Europäischen Union und ihrer Mitglieder, zum Beispiel der Republik Österreich.

Der offizielle Besuch eines Ministers ist noch selten hier im Silicon Valley, die Tendenz ist aber steigend. Der Arbeitsbesuch von Sebastian Kurz fokussiert sich sowohl bei Google als auch bei Facebook, nur ein paar Kilometer weiter am Hacker Way in Menlo Park, auf das Thema "Deradikalisierung". Österreich will sich helfen lassen bei der Prävention von Terrorismus, und hier vor allem bei der Beobachtung von Jugendlichen, die sich durch Kontakt zu islamistischen Terroristen – etwa durch den Konsum einschlägiger Videos – radikalisieren lassen könnten.

Selbstdefinierte Grenzen der Kooperation

Die Daten liegen bei Google und Facebook technisch und prinzipiell natürlich vor. Und beide Unternehmen sichern Zusammenarbeit und größtmögliche Transparenz zu. Doch natürlich müsse der Zugriff auf solche Daten auch seine Grenzen haben – und diese definieren zurzeit die IT-Riesen noch weitgehend selbst.

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Gruppenselfie mit österreichischen Start-up-Unternehmern in der Facebook-Zentrale.
Foto: APA/Außenministerium/Dragan Tatic

Wenn bei Facebook entsprechende Bilder und Videos – die etwa die Köpfung von Geiseln zeigen – bekannt werden, werden diese nachhaltig gesperrt. Dieser Mechanismus des "Nicht-geschehen-lassens" wird bereits bei kinderpornografischen Inhalten mit Erfolg angewendet. Die entsprechenden Urheberdaten werden dann umgehend an die jeweils zuständigen Behörden weltweit gemeldet, damit diese allenfalls strafrechtlich eingreifen können.

Diskussion über Positiv-Kampagnen

Auf einer weiteren Stufe wird bei Facebook über die Idee diskutiert, "Gegenkampagnen" gezielt zu unterstützen – etwa virale Phänomene wie "Not in Our Name" oder "Je suis Charlie". Solche Kampagnen, so der Gedankenansatz, könnten in den Timelines der "passenden" Facebook-User absichtlich prominenter und sichtbarer platziert werden, um positiv zu wirken. Das würde aber de facto ein Eingreifen ins Userverhalten bedeuten, bisher ein No-Go. Dennoch wird, so berichtet Außenminister Kurz, zurzeit intensiv in den Führungszirkeln der Firma mit dem Like-Logo darüber debattiert.

Was Facebook zur Deradikalisierung beitragen kann, ist technisch vergleichsweise leicht zu bewerkstelligen, denn es handelt sich bei den fraglichen Daten um solche innerhalb einer Community. Nicht so easy verhält es sich bei Google. Der De-facto-Monopolist (Reichweite in Österreich: 95 Prozent, EU: 93 Prozent, global: 90 Prozent) verwaltet ein vergleichsweise offenes Datensystem – nämlich fast alle Daten fast aller Internetuser weltweit. Aber auch hier sichert man Geprächs- und Kooperationsbereitschaft zu, wenn es um die Verhinderung von Verbrechen und die Wahrung der öffentlichen Sicherheit geht.

"Wir stehen in all diesen Dingen erst am Anfang", sagt Außenminister Kurz nach seinen Meetings. Immerhin: Ein Anfang ist getan. (Gianluca Wallisch, derStandard.at, 30.4.2015)