Was zunächst für einen Asteroiden in einer geozentrischen Umlaufbahn gehalten wurde,...

Illu.: NASA/red

... stellte sich schließlich als das ESA-Observatorium "Gaia" heraus.

Illu.: ESA

Cambridge - Für 13 Stunden sah es so aus, als wäre die Erde im Besitz eines bisher unbekannten Mondes - doch dann kam die große Enttäuschung: Was Astronomen zunächst für einen Asteroiden hielten, der die Erde in vierfachem Mondabstand umkreist, stellte sich als künstliches Objekt heraus.

Das Minor Planet Center (MPC) der Internationalen Astronomischen Union in Cambridge, Massachusetts, ist dafür zuständig, all die kleineren Brocken im Sonnensystem im Auge zu behalten und neue Beobachtungen aus allen Teilen der Welt zu sammeln. Am vergangenen Montag veröffentlichte Gareth Williams vom MPC die Entdeckung von 2015 HP116, einem Asteroiden von rund einem Meter Durchmesser, der mit dem "Pan-STARRS"-Teleskop auf Hawaii in einer geozentrischen Umlaufbahn beobachtet wurde.

Williams erste Analysen des Objekts ergaben, dass es zumindest bis März 2019 das Erde-Mond-System umkreisen dürfte, was es zumindest temporär zu einem Erdmond machen würde. Es wäre nicht der einzige Minimond der Erde: Frühere Simulationen lassen vermuten, dass unser Heimatplanet von Hunderten winzigen Trabanten umkreist wird. Einer davon, 2006 RH120, konnte sogar beobachtet werden, kurz bevor er den Erdorbit wieder verließ.

Leider kein neuer Mond

Bei der neuen Mond-Entdeckung ergab sich allerdings ein Problem: 2015 HP116 ist gar kein Asteroid; vielmehr handelt es sich um "Gaia", eine astronomische Sonde der ESA, die im Sonne-Erde-Lagrange-Punkt L2 positioniert ist und den Himmel in bisher unerreichter Genauigkeit durchmustern soll. Rund 13 Stunden nach der erstmaligen Vermeldung der vermeintlichen Mondentdeckung musste das MPC seine Veröffentlichung zurücknehmen. "Derartige Objekte existieren tatsächlich", erklärte Williams. "Doch dies war leider keines davon."

In der näheren Umgebung der Erde kreisen Hunderttausende Satelliten, Raketentrümmer und anderer Weltraummüll. Aus diesem Grund gleicht das MPC neue Sichtungen von Objekten regelmäßig mit den Daten zu bekannten Satelliten und künstlichen Objekten ab. Dies geschah auch in diesem Fall, doch aus einem noch unbekannten Grund funktionierten die programmierten Filter nicht und "Gaia" ging zunächst als Asteroid durch. Erst ein zweiter Durchlauf identifizierte den scheinbaren Erdtrabanten als das ESA-Observatorium. Williams vermutet, dass das fragliche Objekt bei der Beobachtung durch das "Pan-STARRS"-Teleskop dunkler erschien, als "Gaia" normalerweise ist und deshalb nicht erkannt wurde.

Fehler wie dieser passieren immer wieder. Der spektakulärste ist noch aus dem Jahr 2007 in Erinnerung. Damals warnte das MPC vor einem heranbrausenden Objekt mit der Bezeichnung 2007 VN84, das die Erde nur knapp verfehlen würde. Schließlich stellte sich heraus, dass das Institut in Wahrheit die Kometensonde "Rosetta" auf ihrem Weg zu Tschurjumow-Gerassimenko kurz vor einem Swing-by-Manöver für einen Brocken aus den Tiefen des Alls gehalten hatte. (red, derStandard.at, 2.5.2015)