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Jörg Haider stand 1998 vor Gericht, nachdem ihn Werner Doralt (Hintergrund) wegen übler Nachrede geklagt hatte.

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Werner Doralt behielt vor Gericht Recht - aber Haider kam dennoch glimpflich davon.

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Werner Doralt, emeritierter Professor für Finanzrecht an der Universität Wien, ist ein bekannter und angesehener Jurist und hat eine höchst erfolgreiche Karriere hinter sich. Er ist auch heute noch einer der pointiertesten Kommentatoren der Wirtschaft- und Steuerpolitik. Aber er hatte nie eine öffentliche Funktion inne.

Dafür gibt es einen Grund: Doralt war Jörg Haiders erstes Rufmordopfer. 1992 war er der gemeinsame Kandidat von SPÖ und ÖVP für das Amt des Rechnungshofpräsidenten. Haider, damals Oppositionsführer, warf ihm vor, in einen Skandal rund um die Autobahngesellschaft Asfinag verstrickt zu sein.

Die Anwürfe waren erlogen, aber die Koalition verteidigte ihn nur halbherzig. Doralt zog dennoch seine Kandidatur zurück.

Entschuldigung herausgezögert

Selbst von der Justiz erhielt der Rechtsprofessor nur wenig Unterstützung. Zwar verlor Haider ein Zivilrechtsverfahren und wurde wegen versuchter übler Nachrede strafrechtlich verurteilt, es gelang ihm aber, die gerichtlich verlangte öffentliche Entschuldigung ein Jahrzehnt lang herauszuzögern, und dabei immer neue Angriffe auf Doralt zu starten.

Haider machte sich ein Spiel daraus, den renommierten Kritiker öffentlich zu desavouieren, die Geldstrafen störten ihn nicht. Und eine echte Strafe, wie etwa Gefängnis oder Amtsverlust, musste er nicht befürchten.

Franz Fidler statt Doralt

Statt Doralt wurde der bürgerliche Beamte Franz Fiedler Chef des Rechnungshofes. Dieser erwies sich als höchst kompetent und integer. Die Republik trug durch Haiders infame Vorgangsweise keinen echten Schaden davon – zumindest nicht direkt.

Denn indirekt machte die Haider-Doralt-Affäre eines deutlich: Wer den FPÖ-Chef kreuzt, dem droht Ungemach. Das gilt auch für Privatpersonen und Beamte.

Kontrolleure wurden vorsichtig

Und das hilft zu verstehen, warum die Finanzmarktaufsicht, Nationalbank, Staatskommissare und viele andere in den folgenden Jahren so vorsichtig und zögerlich bei der Kontrolle der Hypo Alpe Adria vorgegangen sind. Wie im Hypo-Untersuchungsausschuss deutlich wird, stellten die Beamten zwar bei Haiders Hausbank ständig Missstände fest, taten dann aber möglichst wenig.

Niemand wollte Haiders Zorn auf sich ziehen – vor allem nicht in der Nationalbank, die Haider besonders häufig und hart attackierte. Und ab dem Jahr 2000, als die FPÖ in der Regierung saß, mussten Beamte mit etwas Zivilcourage nicht nur um ihren Ruf, sondern auch um ihre Stelle bangen.

Berüchtigter Rufmörder

Das entschuldigt nicht das Versagen der Kontrolleure, aber erklärt es zum Teil. Haider war als Rufmörder berüchtigt – und selbst praktisch unangreifbar. Das Beispiel Doralt, dem bald andere folgten, schreckte ab.

Dass Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll später gegenüber dem früheren FMA-Vorstand Kurt Pribil ähnliches Verhalten an den Tag legte, zeigt, dass dieser Stil nicht mit Haider zu Grabe getragen wurde.

Hätte sich Regierung damals klar hinter Doralt gestellt und die Justiz nicht Haider so billig davonkommen lassen, hätte sich die Republik vielleicht die Hypo-Affäre erspart. (Eric Frey, 3.5.2015)