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Josef Penninger hat ein Angebot aus Berlin, aber Wien und der Bund versuchen ihn zu halten – mit mehr Geld, aber er dürfte auch mehr Unabhängigkeit bekommen.

Foto: APA / Georg Hochmuth

Wien – Alle Zeichen stehen auf Bleiben: Wissenschafter des Vienna Biocenters in Wien Landstraße berichten, dass sich der oberösterreichische Genetiker Josef Penninger, Direktor des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) und einer der prominentesten unter ihnen, wohl gegen das Angebot entscheiden dürfte, Direktor des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in Berlin zu werden. Stichtag für die Entscheidung: Montag, 4. Mai.

Zugpferd oder einer von vielen

"Bei uns ist er ein Star, ein Zugpferd, dort ist er einer von vielen", heißt es. Auch der Verwaltungsaufwand im zur Helmholtz-Gemeinschaft zählenden deutschen Forschungsinstitut sei nicht zu unterschätzen, am IMBA habe der Wissenschafter immerhin noch die Möglichkeit, eine eigene Forschungsgruppe zu leiten.

Penninger hat, wie berichtet, das Angebot erhalten, das Delbrück-Centrum zu leiten – mit einem Etat von über 80 Millionen Euro pro Jahr (Drittmittel durch Grants nicht dazu gerechnet). Das IMBA erhält derzeit 15 Millionen aus dem Budget seiner Trägerorganisation, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), und lukriert noch einmal so viel Geld aus Drittmitteln – Grants, die vom Europäischen Forschungsrat (ERC) eingeworben werden.

Stagnation oder Champions League

Penninger allein erhielt in den vergangenen Jahren zwei Advanced Grants des ERC. 2012 wurde ihm auch der mit 7,4 Millionen Dollar dotierte Innovator Award des US-Verteidigungsministeriums zugesprochen – für seine Brustkrebsforschung. 2014 wurde er mit dem Wittgenstein-Preis des Wissenschaftsfonds FWF (1,5 Millionen Euro) ausgezeichnet. Trotz all dieser Mittel scheint Wien keinem Vergleich mit Berlin standzuhalten.

Penninger beklagte zuletzt die Stagnation in Österreich. Er wolle in die "Champions League" der Wissenschaft, betonte er bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Die finanziellen Möglichkeiten des Delbrück-Centrums konnte letztlich auch Wissenschaftsminister Reinhold Mittlerlehner (ÖVP) nicht toppen. Er bot aber –gemeinsam mit der Stadt Wien – 22,5 Millionen Euro auf mehrere Jahre verteilt zusätzlich zu dem, was ÖAW-Präsident Anton Zeilinger in den vergangenen Tagen mit Penninger ausverhandeln konnte.

Mehr Unabhängigkeit von der Akademie

Dabei dürfte es vor allem auch um einen neuen Status des IMBA gegenüber der Akademie gegangen sein: Penninger wünschte sich mehr Unabhängigkeit nach dem Vorbild der Institute der deutschen Max-Planck-Gesellschaft. "Die wird er wohl bekommen", sagen Beobachter der Szene vor dem Hintergrund eines dem Vernehmen nach seit längerer Zeit eher angespannten Verhältnisses zwischen IMBA-Direktor und Akademie-Präsident.

CeMM dürfte bei Med-Uni Wien unterschlüpfen

Während die österreichische Wissenschaftsszene also gespannt darauf wartet, ob Penninger bleibt oder doch geht, dürfte sich ein anderes Life-Science-Institut aus Wien ganz von der ÖAW loslösen. Das Centrum für Molekulare Medizin (CeMM) dürfte unter das Dach jener Universität schlüpfen, auf deren Campus es steht: der Med-Uni Wien. Die Mittel, die das CeMM derzeit von der Akademie erhält (8,4 Millionen Euro), würden dabei immerhin mitgehen.

Das Institut hat in den vergangenen Jahren unter anderem durch Publikationen zur Krebsforschung von sich reden gemacht – zum Beispiel durch die Entdeckung eines Gendefekts, der eine bestimmte Form von Blutkrebs auslöst. Seit Anbeginn kooperieren die Wissenschafter mit der Med-Uni.

Der Direktor des CeMM, der aus Mailand stammende Systembiologe Guilio Superti-Furga, hält seit kurzem auch eine Professur an der Med-Uni. Er ist seit 2005 CeMM-Direktor, sein Vertrag läuft bis Ende des Jahres und müsste demnächst verlängert werden. Sollte das nicht gelingen, könnte der renommierte Wissenschafter vielleicht an die Max-Perutz-Laboratories am Vienna Biocenter wechseln. Hier gilt er als möglicher Kandidat für die Nachfolge des scheidenden Direktors Graham Warren. (Peter Illetschko, DER STANDARD, 4.5.2015)