Berlin - Es ist keine Annäherung in Sicht. Im Gegenteil: Am Montag haben die Lokführer in Deutschland mit dem längsten Streik in der Bahngeschichte begonnen. Um 15 Uhr blieben die ersten Güterzüge stehen, ab zwei Uhr morgens (Dienstag) war der Stillstand unzähliger Personenzüge geplant. Der Ausstand soll bis Samstag dauern, es ist der achte in dieser Tarifrunde.

Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) fordert für ihre Beschäftigten fünf Prozent mehr Lohn und eine Stunde weniger Arbeit pro Woche. Die Bahn bietet eine Lohnsteigerung in zwei Stufen um insgesamt 4,7 Prozent und eine Einmalzahlung von 1000 Euro an.

Den Lokführern missfällt zudem, dass die Bahn Lokrangierführer (die für das Koppeln und Entkoppeln von Zügen zuständig sind) niedriger als Lokführer einstufen wolle. Ungelöst ist vor allem nach wie vor ein anderer, großer Konflikt: Die GDL will künftig auch andere Berufsgruppen vertreten, das lehnt die Bahn ab.

Daher akzeptiert GDL-Chef Claus Weselsky auch keinen von Kanzlerin Angela Merkel ins Spiel gebrachten, externen Schlichter. Dies sei nur bei Konflikten um Löhne und Arbeitszeiten möglich. "Wir lassen nicht über Grundrechte schlichten", sagt Weselsky.

Doch der Druck auf ihn wächst auch gewerkschaftsintern. Klaus Dauderstädt, Chef des Beamtenbundes (DBB), dem die GDL angehört, mahnt: "Wenn dieser Streik nicht zu einem Verhandlungsergebnis führt, wird es sinnvoll sein, auf einen unabhängigen Dritten zurückzugreifen.

Selbst die Geduld der eigentlich gewerkschaftsfreundlichen SPD ist am Ende. SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisiert, der Streik sei "kaum noch nachzuvollziehen". Auch die Wirtschaft ist erbost. "Alles in allem drohen Streikkosten von einer halben Milliarde Euro. Lager laufen leer, die Produktion stottert, es kann sogar zu Produktionsausfällen kommen", heißt es bei der Industrie- und Handelskammer. (bau, DER STANDARD, 5.5.2015)