Nunmehr "Das" statt "Le" Loft: Fabian Günzel kocht ab nun die Wiener Sofitel-Kundschaft schwindlig. Kann er gut!

Foto: Gerhard Wasserbauer

Räucheraal , St.-Jacques-Ceviche in Kokos, Chili und Limetten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Nachdem es in unserer wunderbaren Hauptstadt des Ressentiments Leute gibt, die die Qualität ihres Gegenübers immer noch am Idiom festmachen, eine Warnung vorweg: Steve Breitzke ist Deutscher. Wen das nicht kümmert, darf sich im Dachrestaurant des Wiener Sofitel auf einen grandiosen Sommelier freuen, der selbst strukturkonservative Gäste mit Witz und Savoir-faire auf die Nebenstraßen des Glücks zu verführen versteht. Breitzke zelebriert im Sofitel seit Jahren seine Passion für Wein aus naturnahem Anbau, von kleinen Gütern, oft aus Gegenden, die bei unsereins Patrioten-Trinkern noch nie entsprechend am Radar waren.

Das Loft ist dafür eine tolle Bühne - die aus Sicht nicht germanophober Gäste bislang nur einen Mangel hatte: das Essen. Viel zu teuer für das, was es konnte, und mit teils absonderlich langen Wartezeiten verknüpft. Dazu der eigentümliche Dünkel der Restaurantbetreiber, Gäste nur mit Reservierung in den 18. Stock vorzulassen, ganz egal, ob sich da oben die freien Tische türmten oder nicht.

Silvio Nickols bester Mann

Die offensive Kordel-Mamsell beim Lift in der Lobby gibt es zwar noch, dem Vernehmen nach wird man aber inzwischen auch ohne Reservierung raufgelassen. In der Küche aber werkt seit vergangener Woche ein Mann, der die Freude an Wein und Location am Teller würdig widerspiegelt. Fabian Günzel ist auch Deutscher, war die vergangenen Jahre Silvio Nickols bester Mann im Coburg und dreht schon mit seiner Einstandskarte für das Loft richtig auf.

Die Preise wurden etwas günstiger. Wobei - für eine Vorspeise sind immer noch mindestens zwölf Euro zu veranschlagen. Dafür gibt es dann kühle Suppe vom Mais. Die kann's aber: Wie die Süße des Kukuruz mit Zitrus konterkariert wird, wie tasmanischer Pfeffer und andere subtile Würzkniffe dafür sorgen, dass so ein Supperl extrem animierend und frisch daherkommt - sehr, sehr erfreulich. Mit Regional- oder Saisonal-Dogmen hat Günzel nichts am Hut, neben Mais dürfen auch schon Marillen auf die Karte, Tropenfrüchte wie Maracuja, Ananas, Kokos sowieso. Kann man natürlich pfui finden, wirkt im Rahmen eines internationalen Kettenhotels aber eigentlich ganz stimmig.

Zitrus hier, Agrumen da

Die Karte ist groß, wer richtig bestellt, kann bereits mehr als eine Ahnung von dem bekommen, wo Günzel hinwill. Viele Gerichte gefallen durch ihre frische Zugänglichkeit, durch hochklassige Handwerkskunst bei gleichwohl unverschämtem Yummy-Faktor. Zart angeräucherter Aal mit BBQ-Sauce etwa, dank toller Agrumen-Mayo, Schnittlauchöl und allerhand knusprigknackigen Nüssen und Radieschen eine richtig geile Kreation, will man haben. Dabei wird vom Service nunmehr "Sharing" propagiert, also das Teilen mehrerer Vorspeisen am Tisch. Hat den Vorteil, dass man viel kosten kann. Und den Nachteil, dass die anderen zielsicher das Beste wegessen.

Richtig gut gelingt auch gehacktes und geradezu prickelnd gewürztes Kalbstartare mit roh gehobelten Champignons. Oder Trüffel-Polenta mit Ei und Gewürzmilch - hoher Suchtfaktor. Vergleichsweise schwerfällig und konventionell wirken dagegen die mediterran inspirierten Gerichte. Muscheltopf mit Fenchel und Safran etwa, eh okay, aber 24 Euro sind für ein paar abgezählte Mies- und Venusmuscheln zu viel. Oder Hummer auf Zitronenrisotto mit Maracuja, Kalamansi-Zitrus und Sommerkürbis: Wirkt wie ein Dessert aus Milchreis, auf dem ein paar Brocken Hummer verlorengegangen sind. (Severin Corti, Rondo, 8.5.2015)