Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner wird den Sozialminister Rudolf Hundstorfer ersuchen, eine Enquete über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einzuberufen. Noch eine.

Anlass für diese Dringlichkeitsmaßnahme ist der neue Bericht der EU, wonach Österreich weit unter dem Wachstum der EU-Zone bleibt (0,8 Prozent für 2015 gegenüber durchschnittlich 1,8 Prozent in der EU beziehungsweise 1,5 Prozent in der Eurozone). Österreich liegt damit auf Rang 23 und auf dem sechstschlechtesten Platz in der EU. Schlechter sind nur Griechenland, Finnland, Kroatien, Italien und Zypern.

Diese Wachstumsschwäche wirkt sich auch negativ auf die bisherige gute Position am Arbeitsmarkt aus: Österreich verliert seine Spitzenposition in der EU mit der zweitniedrigsten Arbeitslosenrate 2015 und fällt mit erwarteten 5,8 Prozent auf Rang fünf. Das ist übrigens nach der günstigeren EU-Berechnungsmethode. Nach der nationalen Methode lag die Arbeitslosenrate in Österreich bei 10,5 Prozent. Wien wird mit 13,3 Prozent überhaupt zum "Problemfall für den Jobmarkt" (STANDARD vom 5. Mai)

Strukturelle Gründe dafür gibt es genug, und sie sind auch bekannt: hohe Steuern und Abgaben, bei denen zu wenig Netto vom Brutto bleibt, ein "aufgeblähter öffentlicher Sektor" (Wifo-Chef Karl Aiginger), wobei der öffentliche Konsum stärker steigt als der private, Geldverbrennung in sinnlosen Projekten, fragwürdigen Förderungen und Megakorruptionsskandalen.

Die Konsumenten und die Unternehmer wissen oder ahnen das. Und sie reagieren mit Lustlosigkeit. Von einer positiven Aufbruchsstimmung im Land ist keine Spur. Das ist der psychologische Faktor unserer Schwächephase, der bisher vielleicht zu wenig in die Analysen einbezogen wurde.

Die ständigen Krisennachrichten verunsichern die Konsumenten, und das Herumgedruckse der Regierung verunsichert noch mehr. Die Unternehmer, auch und gerade die kleinen Selbstständigen, haben sich nun seit mehreren Jahren von der SPÖ, dem ÖGB, der Arbeiterkammer, den Grünen und Attac anhören dürfen, dass sie zu den "Reichen" gehören, ihre Erfolge, so vorhanden, eh irgendwie illegal errungen haben und jedenfalls kräftig besteuert gehören. Die "Millionärssteuer" ist gefallen, dafür gibt es die "Erbschaftssteuer light" in Form der höheren Grunderwerbssteuer im Erbfall. Für exponierte Bereiche wie Hotels soll es da eine Extraregelung geben, was andere Betriebe, wo die Betriebsübergabe dann auch steuerlich bestraft würde, besonders freuen und der ÖVP geneigt machen wird.

Der Kanzler hat seit seinem Amtsantritt keine Rede gehalten und kein Interview gegeben, in dem er sich umfassend zur positiven Rolle der Wirtschaftstreibenden geäußert hätte. Wie an dieser Stelle schon einmal erwähnt, meidet er Termine mit führenden Unternehmern und Managern.

Das alles drückt auf die Stimmung. Die Steuersenkung, das einzige Positivum dieser Regierung, reicht da offenbar nicht aus (sie tritt allerdings erst 2016 in Kraft). Ganz ohne Optimismus geht es eben nicht. (Hans Rauscher, 5.5.2015)