
Auch heuer bietet die Republica wieder ein breites Themenangebot.
Friedemann Karig stellte auf der Republica in Berlin eine Frage, die sich nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantworten ließ: Ist das Internet ein Medium der Wahrheit oder der Lüge? Der Journalist und Autor sprach auf der Internetkonferenz, die er keck mit jener der Bilderberger verglich - "eigentlich wie die Republica, nur mit besseren Hotels" - über die "Abschaffung der Wahrheit", "Verschwörungstheorien als anthropologische Konstante" und "einfache Geschichten, die extreme Konjunktur haben".
Fake-Reise
Die digitale Lüge ist zum Beispiel eine Rundreise durch Asien. "Die talentierte Mrs. Zilla", so Karig, narrte damit sogar ihre Familie. Ihren aufwändigen "Facebooking"-Fake mit manipulierten Facebook-Einträgen ihrer nie stattgefundenen Reise verarbeitete Zilla van den Born schließlich in einer Bachelorarbeit.
Verschwörungstheorien hingegen locken mit Komplexitätsreduktion, indem sie etwa die Welt in gut und böse ordnen oder - Stichwort Impfgegner - warnen. Wir leben, sagte Karig, in einer Glaubensgesellschaft, weil wir nicht alles wissen, aber vieles glauben müssen. Wer über "Super-Wissen" verfüge, werte sich selbst auf. Er unterscheidet orthodoxe Theorien, an die eine Mehrheit glaubt, und heterodoxe Theorien "phantasievoller Leute". Die einen finde man im Onlinelexikon Wikipedia, die anderen über die Suchmaschine Google.
Deppen
Das Netz schuf jedoch nicht die Lüge. Es greife viel zu kurz, das alles auf das Internet zu schieben, sagte Karig und bemühte ein Zitat des Wetterexperten Jörg Kachelmann zur Popularität der Chemtrails-Verschwörungstheorie: "Auch vor dem Internet habe es in jedem Dorf einen Deppen gegeben, manchmal zwei. Durch das Internet können sich die Dorfdeppen untereinander austauschen und organisieren."
Was unterstützt also die Wahrheit? Karig nennt Open Data, rät, Lügen zu entlarven, auch einmal "Ich weiß es nicht" zu sagen und das Netz zu einem Medium für Aufklärung zu machen. Noch wichtiger als Medienkompetenz ist für Karig, Wissenschaftskompetenz zu vermitteln. (Sabine Bürger aus Berlin, 6.5.2015)