Surfen, zuhören und debattieren auf der Republica in Berlin.

Foto: IMAGO

Bild nicht mehr verfügbar.

Wie jedes Jahr sind auch 2015 auf der Republica ausgefallene Ideen zu sehen. Im Bild eine interaktive "Installationsmaske" eines Teilnehmers.

Foto: EPA/BRITTA PEDERSEN

Mehr als hundert Veranstaltungen gab es am zweiten Tag der Internetkonferenz Republica, mehrere Diskussionsrunden beschäftigten sich mit den Themen Überwachung, Sicherheit und Netzneutralität. Google-Manager Eric Grosse verwies darauf, dass sich in seinem Unternehmen 500 Personen nur mit Sicherheitsfragen beschäftigen. Der langjährige Leiter des Google-Sicherheitsbereichs gab den konkreten Rat, dass man das zweistufige Authentifizierungsverfahren nutzen soll, wenn man etwa Gmail nutzt. Die Notwendigkeit, generell Kommunikation zu verschlüsseln, sieht Grosse für "Normalnutzer" nicht. Für Google sei Verschlüsselung kein Problem, da die Anzeigen bei Gmail nicht so wichtig seien, versicherte er – was für Verwunderung im Saal sorgte.

Einfluss auf Brüssel

Gleich in mehreren Diskussionsrunden wurde Einblick geboten, wie Internetaktivisten versuchen, auf europäischer Ebene Einfluss für ihr Anliegen auszuüben. Die Kanadierin Raegan MacDonald von der NGO Access Now, die in Brüssel für digitale Grundwerte kämpft, setzt große Hoffnungen auf die EU, dass diese "großartige Standards setzen kann, um mehr Datenschutz und Privatsphäre zu erreichen". Die schwedische Piratin Amelia Andersdotter sieht die EU-Staaten als Bremser bei diesen Themen: "Das ist sehr frustrierend."

An die Entscheidungsträger in Brüssel und den Mitgliedsstaaten richtet sich auch die bei der Republica vorgestellte Kampagne savetheinternet.eu, die der Österreicher Thomas Lohninger in seinem Vortrag über Netzneutralität vorstellte. Der Sprecher der Initiative für Netzfreiheit kämpft gegen die derzeit in Brüssel diskutierte Richtlinie. Seine Befürchtung: "Netzsperren wären auf Zuruf möglich." Einen Grund, warum Regierungen gegen Netzneutralität sind, ortet er darin, dass Staaten Anteile an Telekomfirmen besitzen. Wenn es eine Drosselung von Geschwindigkeiten und Verknappung gebe, wer solle dann noch Geld für den Ausbau der Netze investieren, fragte Lohninger.

re:publica

Er übte auch Kritik an internet.org, einer Initiative von Facebook, die zum Ziel hat, "die zwei Drittel der Weltbevölkerung ohne Internetzugang mit dem Internet zu verbinden". Lohninger bezweifelt, dass Facebook nur aus altruistischen Motiven handelt, und bezeichnete die Initiative als "digitalen Kolonialismus".

Comedian aus dem All

Lohninger forderte Comedians und Kabarettisten auf, sich mit Netzneutralität zu beschäftigen, damit diesem komplexen Thema mehr Aufmerksamkeit zuteilwird. Dem Anspruch, witzig über ein sperriges Thema zu sprechen, wurde der Astronaut Alexander Gerst auf der großen Bühne der Republica gerecht. Er schilderte auf sehr amüsante Art seinen Aufenthalt auf der Raumstation ISS und ging auch darauf ein, wie es ist, ein halbes Jahr ohne stabiles Internet leben zu müssen. Für seinen Auftritt erhielt er den meisten Applaus.

Konkrete journalistische Projekte wurden bei der Republica auch vorgestellt – etwa die Zusammenarbeit der Ufa-Filmfirma mit der "Süddeutschen Zeitung" und dem Bayerischen Rundfunk, die gemeinsam dafür sorgten, dass die Protokolle in der NSU-Affäre in einem Film veröffentlicht wurden: Schauspieler sprachen die Texte. Journalisten des Springer-Konzerns stellten Projekte zum Thema Kriegsberichterstattung und Angst vor, bei denen Print- mit TV-Journalisten zusammenarbeiteten.

Umfrage unter Zeitungsmachern

Auffällig war, dass bei der Republica heuer nur selten das Wort Krise vorkam. Den Befund, dass zumindest in deutschen Tageszeitungsredaktionen wieder mehr Optimismus herrscht, lieferten empirisch untermauert die Kommunikationswissenschafter Leif Kramp von der Universität Bremen und Stephan Weichert von der Uni Hamburg. Sie stellten ihre Umfrage zum digitalen Medienwandel vor, die sie unter dem Titel "Die Zeitungsmacher" auch als Buch publiziert haben. Die Mehrheit der befragten Journalisten meinen, es herrsche eher Aufbruchstimmung als Krise. (Alexandra Föderl-Schmid, 6.5.2015)