Malak Awad und ihr fünfjähriger Sohn Yusuf haben nach ihrer Flucht aus Syrien eine neue Heimat in Gmunden gefunden. Bald schon soll die ganze Familie im Salzkammergut glücklich sein.

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Linz - Der Duft frischgebackener Muffins zieht durch die kleine Wohnung. Malak Awad serviert dazu in dem bescheiden eingerichteten Wohnzimmer Apfelsaft, ihr Sohn Yusuf turnt ausgelassen auf der Couch. Die Abendsonne verleiht dem Traunstein einen ganz besonderen Glanz, bunte Elektroboote schippern sanft über den Traunsee. Hier scheint der Krieg weit weg zu sein. Und doch ist er ins Malaks Kopf ständig präsent. Die Bilder des Schreckens sind abgespeichert. Vergessen ist unmöglich, verdrängen funktioniert nur bedingt.

2012 ist Malak Awad der Kriegshölle in Syrien entkommen. Die Schergen des Diktators Bashar al-Assad morden, Bombenangriffe gehören zum Alltag. Die Palästinenserin versteckt sich mit dem damals dreijährigen Yusuf in ihrer Wohnung in Homs. Zwei Monate ohne Strom, ohne Heizung, ohne ausreichend Nahrung. Malaks Ehemann ist zu diesem Zeitpunkt bei Verwandten, die Kriegswirren lassen eine Rückkehr zur Familie nicht zu.

Eine Bombe unmittelbar auf das Wohnhaus zerstört auch Malaks letzte Hoffnung auf ein Weiterleben in der Heimat. Sie beschließt zu flüchten. Auf der Straße vor ihrem Haus trifft sie auf einen Fremden. Groß gewachsen, mit einem dicken Mantel bekleidet. Die Angst in Malaks Augen bleibt auch dem Unbekannten nicht verborgen. Der Mann wird Malaks erster Fluchthelfer. Und er rät, sich einer Gruppe anzuschließen. Malak: "Wer in der Gruppe durch die Scharfschützen-Linien läuft, hat eine größere Chance zu überleben." Der Unbekannte versteckt Yusuf unter seinem Mantel. Der Lauf des Lebens beginnt. "Nicht stehenbleiben. Auch wenn neben dir Menschen erschossen werden, Frauen und Kinder um Hilfe schreien."

Die korrupten Assad-Anhänger nehmen das Geld der jungen Frau. Lassen aber nur sie und ihren Sohn ziehen. Ihr Mann bleibt zurück. Was folgt, ist eine unglaubliche Odyssee: Malak flüchtet mit Yusuf zunächst nach Ägypten, dann in die Türkei. Der einzige Koffer mit den letzten Habseligkeit fällt ins Meer. Bei ihrer Ankunft in der Erstaufnahmestelle Thalham besitzt Malak nur mehr das Gewand am Leib und zwei Ausweise: "Du steigst aus einem Kleinbus - und weißt nicht, wo du bist. Irgendein Ort in Europa."

Breite Unterstützung

Ein "Glücksfall" sei dann die Unterbringung in Altmünster gewesen. Die Plattform "Altmünster für Menschen" kümmert sich um Mutter und Sohn. "Ich habe hier so unglaublich viel an Wärme und Herzlichkeit erfahren", erzählt die 27-Jährige.

Doch in den mutigen Neuanfang mischen sich Angst, Verzweiflung und Trauer. Der Vater sitzt ins Syrien im Gefängnis, der Bruder ist tot, die Mutter krank in Ägypten, die Angst um den Ehemann allgegenwärtig. Dennoch gibt es jetzt eine vorsichtige Hoffnung: Der Antrag auf ein Visum für Malaks Mann ist gestellt, bald schon soll die Familienzusammenführung im Salzkammergut gelingen: "Dann werden wir tanzen." (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 9.5.2015)