Linz - Der Linzer Computerwissenschafter Gerhard Widmer erhält einen hochdotierten Förderpreis des Europäischen Forschungsrats ERC. Im Zuge seines neuen Forschungsprojekts sollen Computer musikalischen Ausdruck erkennen lernen. Dafür stehen Widmer im Rahmen eines "ERC Advanced Grants" mehr als 2,3 Millionen Euro zur Verfügung, wie die Universität Linz mitteilte.

Mit der Entwicklung eines Computerprogrammes, das nur wenigen Takte benötigt, um ein Musikstück zu erkennen und der Notenschrift in Echtzeit zu folgen, konnte der Professor für Computational Perception an der Uni Linz und Abteilungsleiter am Forschungsinstitut für Artificial Intelligence (OFAI) in Wien bereits Forschungserfolge erzielen. Damit ein Computer eine Art Verständnis für Musik entwickeln kann, muss er imstande sein, in einem Audiosignal bestimmte Strukturen aufzuspüren. Im Gegensatz zu Menschen, die in einem Musikstück nahezu mühelos den Beat wahrnehmen, Melodien heraushören oder Instrumente erkennen, muss ein Computer erst mühevoll lernen, die wichtigen Informationen zu identifizieren.

Computer sollen die "Essenz" von Musik erkennen können

Mit der neuen Zusage in der ERC-Förderschiene für etablierte Wissenschafter will Widmer und sein in Linz und Wien angesiedeltes, aus ungefähr 30 Forschern bestehendes Team "in vollkommen neue Dimensionen vordringen, was das 'Verständnis' von Computern für menschliche Aspekte in der Kommunikation betrifft", heißt es in der Aussendung. Im Rahmen des Projekts "Getting at the Heart of Things: Towards Expressivity-aware Computer Systems in Music" soll nun geklärt werden, ob man Maschinen beibringen kann, "die wirkliche 'Essenz' von Musik zu erkennen" - nämlich den "musikalischen 'Ausdruck'", erklärte Widmer.

Gelingt das, könnten neue Anwendungen möglich werden: So sei etwa denkbar, dass Suchmaschinen Musik danach einschätzen, ob sie eher traurig oder fröhlich klingt. Computer könnten auch automatisch passende Musik zu bestimmten Situationen auswählen oder als intelligenter musikalischer Begleiter fungieren.

Rückschlüsse auf den Menschen

Auf dem Weg in diese Richtung erhoffen sich die Forscher auch wichtige Erkenntnisse über die menschliche Musikwahrnehmung. Im Zuge dieser "wirklichen Grundlagenforschung" werde es vielleicht möglich zu erkennen, was Hörer ein Musikstück als spielerisch, leicht, ernst oder dramatisch empfinden lässt. Widmer: "Wir verwenden Computer also als Werkzeug zum Analysieren und Modellieren von menschlichen Wahrnehmungsleistungen."

Für den Forscher ist der "Advanced Grant" nach dem START-Preis (1998) und dem oft als Austro-Nobelpreis bezeichneten "Wittgenstein-Preis" (2009) der dritte renommierte Förderpreis. An der Uni Linz arbeiten damit nun fünf Forscher, denen in den vergangenen Jahren ERC-Förderpreise zuerkannt wurden. Bisher gelang das vier Linzer Forschern aus dem Fachbereich Physik. (APA, 9.5. 2015)