Fängt es wieder an? Hat der Kampf für Großalbanien begonnen? Ist das mehrheitlich von Albanern bewohnte Presevo-Tal in Südserbien als Nächstes dran? Diese Fragen drängen sich in Serbien auf, wenn man Medienberichte von "verschanzten, schwer bewaffneten albanischen Terroristen", Straßenkämpfen, mindestens acht getöteten und Dutzenden verletzten mazedonischen Polizisten im nur Kilometer von der Grenze mit Serbien entfernten mazedonischen Kumanovo hört. Es ist ein Déjà-vu für die Serben, sagt man. So habe es auch im Kosovo begonnen. Die Berichterstattung ist dramatisch, über die Hintergründe erfährt man nichts.

Die serbische Staatsspitze reagierte sofort. Ministerpräsident Aleksandar Vucic rief eine Sondersitzung des Koordinationsbüros der Geheimdienste zusammen. Innenminister Nebojsa Stefanovic verstärkte die Grenzpolizei, schickte zusätzliche Truppen der Gendarmerie und der Antiterror-Einheiten an die serbisch-mazedonische Grenze. Er telefonierte auch mit seiner mazedonischen Amtskollegin Gordana Jankulovska. Die Botschaft soll lauten: Man werde schon gemeinsam mit dem Unheil des albanischen Terrorismus fertig werden. Ivica Dacic, Außenminister und Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), sagte, "der Versuch Mazedonien zu destabilisieren, sei ein Versuch, die ganze Region zu destabilisieren", und dass Serbien bereit sei "scharf" auf ethnisch motivierte "Provokationen" und Terrorakte zu antworten.

In Belgrad betrachtet man die Krise in Mazedonien in Zusammenhang mit der großalbanischen Idee. Erst neulich sorgte Albaniens Ministerpräsident Edi Rama in Serbien für Aufregung mit der Aussage, dass Albanien und der Kosovo "gezwungen sein werden, sich auf klassische Weise" zu vereinigen, sollte ihre Vereinigung im Rahmen der EU zu lange auf sich warten lassen. Der unter der Obhut der EU geführte Dialog zwischen Belgrad und Prishtina ist wieder einmal ins Stocken geraten. Belgrad blockiert, soweit und wo es kann, die Unabhängigkeit des Kosovo. In einer Region mit unaufgearbeiteter Geschichte, in der die Arbeitslosigkeit zwischen 30 und 90 Prozent beträgt, sind alle Voraussetzungen für Extremismus geschaffen. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 10.5.2015)