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Foto: AP Photo/David Goldman

Junge Männer, die exzessiv Videospiele und Pornografie konsumieren, laufen Gefahr, in eine Männlichkeitskrise zu stürzen. Davor warnt zumindest der Psychologe Philip Zimbardo in seinem jüngsten "Man (Dis)Connected" (Zimbardo, Coulombe), das auf einer Studie des Stanford University-Professors basiert, bei der das Leben von 20.000 jungen amerikanischen Männern und deren Beziehung zu Videospielen und Pornografie untersucht wurden.

Philip Zimbardo gehört zu den bekanntesten Psychologen der Gegenwart, nachdem er in den 1970er-Jahren mit seinem "Stanford-Prison-Experiment" weltweit für Aufsehen sorgte.

Veränderungen im Gehirn

"Unser Fokus liegt auf jungen Männern, die Videospiele exzessiv konsumieren und zwar in sozialer Isolation, allein in ihrem Zimmer", erklärt Zimbardo im Interview mit BBC World. "In Kombination mit Videospielen nutzen sie frei zugängliche Pornografie – was einzigartig in der Geschichte ist – als Pause. Durchschnittlich sehen sie zwei Stunden lang Pornografie pro Woche an." Dies führe zu einer neuen Art der Sucht, die sich mittlerweile zur Krise unter jungen Männern ausgeweitet habe, so der Psychologe.

Zimbardo warnte bereits 2011 in einem TED-Talk vor den Gefahren exzessiven Konsums. Exzess habe aus seiner Sicht nichts mit der Anzahl der Stunden zu tun, die man mit besagten Medien verbringe, sondern mit einer Veränderung der Denkweise. "Wenn ich im Unterricht sitze, wünsche ich mir, 'World of WarCraft' zu spielen. Wenn ich mit einem Mädchen zusammen bin, wünsche ich mir, Pornos anzusehen, denn dabei werde ich nie zurückgewiesen", veranschaulicht Zimbardo das noch relativ neue Phänomen.

TED

Veränderung der Gehirnfunktion

Im Zuge der neuen Studie sei das Forscherteam zu alarmierenden Erkenntnissen gekommen: "Es beginnt, die Gehirnfunktion zu verändern. Es beginnt, das Belohnungszentrum im Gehirn zu ändern und erzeugt eine Aufregung und Sucht." Dabei könne es auch zu physischen Nebenwirkungen wie der "pornoinduzierten erektilen Dysfunktion" (PIED) kommen. "Junge Männer, die viril sein sollten, haben Probleme, eine Erektion zu bekommen. Es kommt zum Paradoxon – sie sehen sich Videos an, die sie antörnen sollten, doch sie werden nicht angetörnt", erklärt der Psychologe.

Dass Pornografie negative Auswirkungen auf die Erektionsfähigkeit bei Männern haben kann, gilt unter Psychologen allerdings noch als umstritten. In einem 2013 erschienenen Artikel in "Psychology Today" heißt es, dass kein wissenschaftlich demonstrierbarer Zusammenhang zwischen Pornokonsum und erektiler Dysfunktion besteht.

Lösungsansätze

Zimbardo zufolge liege die Lösung darin anzuerkennen, dass es sich um ein ernstzunehmendes Problem handelt. Eltern müssten sich darüber bewusst werden, wie viele Stunden ihre Kinder auf Kosten anderer Aktivitäten allein im Zimmer mit Videospielen und Pornokonsum verbringen. Gleichzeitig benötige es besseren Aufklärungsunterricht in Schulen, der sich nicht nur auf die biologischen Aspekte konzentriert, sondern auch Emotionen, physischen Kontakt und romantische Beziehungen miteinbezieht. Schlussendlich könnten auch amerikanische Medien nicht aus der Schuld genommen werden, die ein negatives Bild von Männern wiedergeben und Männer als "Faulenzer und unerwünscht" porträtieren, die "lediglich flachgelegt werden wollen und dazu nicht in der Lage sind". (zw, 11.5.2015)