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Brunello Cucinelli hat ein Faible für Kaschmirwolle, was auch den Kollektionen seines Modehauses anzumerken ist.

Foto: Reuters/Alessandro Bianchi

Perugia - "Profit muss mit Ethik und Moral verbunden sein." Der Modeunternehmer Brunello Cucinelli hebt im Gespräch mit dem STANDARD hervor, dass er nicht für Profitmaximierung eintrete. Für ein börsennotiertes Unternehmen sei es klar, dass Cucinelli nach Gewinn strebe. Dieser sei zwar bedeutend, aber nicht das Wichtigste für sein Unternehmen.

Brunello Cucinelli, einer der erfolgreichsten Luxusplayer der italienischen Modeszene, hat auch 2014 den Nettogewinn zweistellig auf 36,4 Mio. Euro erhöht. Gleichzeitig legte der Umsatz um 10,4 Prozent auf 355,8 Mio. Euro zu. Der Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag mit 63,0 Mio. Euro um 8,4 Prozent über dem Vorjahreswert. "Wir werden auch in diesem Jahr zweistellig wachsen, die Auftragslage hat sich in den ersten vier Monaten gegenüber dem Vorjahr weiterhin verbessert", zeigte sich der Unternehmer für 2015 zuversichtlich.

"Liebenswertes" Jahr 2014

Das vergangene Geschäftsjahr bezeichnet Cucinelli, ein Gegner der aggressiven Ausdrucksweise, als "liebenswert". "Und 2015 soll noch liebenswerter werden." Offensichtlich kommt ihm die Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar zugute. Denn der US-Markt ist und bleibt vorerst auch der wichtigste Absatzmarkt.

Stolz zeigte sich Cucinelli darüber, dass die Ende April stattgefundene Hauptversammlung die Bilanz einstimmig abgesegnet habe. Zu den Cucinelli-Aktionären zählen wichtige US-Investoren wie Oppenheimer Funds, Wellington Partners Venture Capital oder Fidelity (FMR LLC). Laut der Börsenaufsicht Consob hat der US-Investor FMR seit dem Engagement im April 2012 seine Beteiligung auf 5,7 Prozent mehr als verdoppelt. Auch renommierte italienische Modehäuser wie Benetton oder Ermenegildo Zegna haben sich bei Cucinelli engagiert. Insgesamt hält die Familie Cucinelli über die Holding Fedone derzeit noch einen Anteil von 56,8 Prozent am Unternehmen.

Zu Jahresbeginn hat Cucinelli Anteile verkauft, um das ehrgeizige "Projekt der Schönheit", die Umwandlung von 35 Hektar Industriefläche in drei Parks rund um die Cucinelli- Fabrik in Solomeo, zu finanzieren. "Wir wollen keine weiteren Anteile abgeben", versicherte der Luxusplayer. Zuletzt pendelten die Aktien zwischen 16,50 und 16,80 Euro und damit geringfügig tiefer als zu Jahresbeginn. Seit der Erstnotierung am 26. April 2012 steht jedoch eine erfreuliche Entwicklung zu Buche: Verglichen mit dem Ausgabepreis von 7,75 Euro hat die Aktie auf mehr als das Doppelte zugelegt. Die Börsenkapitalisierung beläuft sich auf rund 1,15 Mrd. Euro. Vier Fünftel des Umsatzes werden durch Exporte in weltweit 60 Länder erzielt. Cucinelli vertreibt seine Kaschmirkollektion über 105 firmeneigene Modeboutiquen und über weitere 650 Multimarken-Luxusgeschäfte.

Neue politische Stabilität

Lieber als über Zahlen und Dividenden spricht Cucinelli über Trends. "Ich sehe derzeit eine Renaissance im italienischen Industriebereich. Die Krise ist überstanden." Zweifellos habe das von EZB-Präsident Mario Draghi eingeführte Anleihenkaufprogramm, aber auch die im Gang befindliche Reformpolitik zu der Trendwende am Inlandsmarkt beigetragen. Von Regierungschef Matteo Renzi hält er viel: Er habe das politische Szenario nicht nur durch seine schnelle Denk- und Handelsweise, sondern auch durch eine neue, politische Sprache reformiert. Diese sei allen verständlich.

Er erwartet sich eine neue politische Stabilität, die sich zweifellos positiv auf das Wirtschaftsklima auswirken werde. Cucinelli erkennt heute in Italien auch eine Änderung des Konsumverhaltens: Überflüssiger Konsum wird eingeschränkt. Das wertet er positiv. Auf die Frage, ob sich denn dieser "Trend zum Essenziellen" nicht auch auf die Nachfrage nach seinen teuren Luxuskaschmirklamotten auswirken werde (die Cucinelli-Pullis kosten mitunter über 1000 Euro), meint er: "Wahrer Luxus kennt keine Krise."

Als Motiv für den Börsengang nennt Cucinelli das Bestreben, den längerfristigen Bestand des Unternehmens zu sichern. Es sei nicht gesagt, dass ein Familienmitglied auch in Zukunft den Konzern leiten werde. Zudem habe er durch den Schritt an die Börse über 150 Mio. Euro eingesammelt und diese zum Teil in die Internationalisierung investiert.

Vor dem Börsengang habe er Bedenken gehegt: "Ich bin zum Abt des Benediktinerklosters in Norcia (Umbrien) gegangen und habe versprochen, die Kapelle restaurieren zu lassen, sollte der Börsengang Erfolg haben. Die für zwei Wochen angesetzte Roadshow wurde damals nach sechs Tagen wegen 18-facher Überzeichnung abgesetzt, Am ersten Börsentag gewannen die Titel fast 50 Prozent dazu. Auch der Abt nahm diese Nachricht erfreut auf, denn inzwischen erstrahlt die Benediktinerkapelle in neuem Glanz. (Thesy Kness-Bastaroli aus Perugia, 16.5.2015)