Wir werden bedroht. Wir alle, ausnahmslos: Vom Staat, der uns die Freiheit nehmen will, im Rahmen der Gesetze zu sagen und zu tun was wir wollen, ohne Angst vor Verfolgung haben zu müssen. Mit dem Entwurf fürs Staatsschutzgesetz verabschieden wir uns endgültig vom Prinzip, dass wir nur ins Visier der Strafverfolgung gelangen, wenn wir in Verdacht stehen, rechtswidrig gehandelt zu haben: Künftig dürfen dann Staatsschützer schon ins Privateste hineinschnuppern, wenn sie nur "die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung" bewerten wollen. Wir müssen gar nicht verdächtig sein, wir werden verdächtig gemacht. Es reicht, Menschen zu kennen, die, vielleicht ohne es selbst zu wissen, ins Visier der Behörden geraten sind. Das kann uns alle betreffen.

Während der Staat alles kontrollieren will, lässt er sich selbst nicht auf die Finger schauen. Vor dem Ausspähen von Daten, dem Aussenden privater Spitzel muss er keinen Richter um Erlaubnis bitten. Sensible Daten will er fünf Jahre lang aufheben, doch wie oft er im Datenberg gewühlt hat, will er nach drei Jahren vergessen haben.

Das alles, so heißt es, diene der Terrorismusabwehr. Was aber ist Terrorismus, wenn nicht die Bedrohung demokratischer Grundfreiheiten? Der Staat will also Freiheit einschränken, um Freiheiten zu verteidigen. Um Bürger vor Anschlägen zu schützen, verübt er einen Anschlag auf die Bürgerrechte. Staatsschutz? Man schütze uns vor ihm. (Maria Sterkl, 15.5.2015)