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Die Ministerin im Zeltlager

Foto: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR

Linz/Salzburg - Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Samstag die eilig für Flüchtlinge errichtete Linzer Zeltstadt besucht. Viele der dort Einquartieren erzählten von ihren Wünschen - wie "ein Dach über dem Kopf". Wann das Wirklichkeit wird, blieb offen. Mikl-Leitner forderte erneut ein EU-Quote und warnte: "Gerade an der Frage der Flüchtlinge kann Europa scheitern." Diese sei "eine Überlebensfrage."

Nach Linz und Thalham sind am Samstagabend auch in der Zeltstadt in Salzburg die ersten Flüchtlinge eingetroffen. Aus dem Erstaufnahmezentrum Traiskirchen wurden 30 Asylwerber, aus Thalham neun Personen nach Salzburg gebracht, sagte Polizei-Sprecherin Eva Wenzl. In Salzburg stehen auf dem Gelände des Sportplatzes der Landespolizeidirektion acht Zelte für 96 Personen zur Verfügung.

Nur Männer in Zelten

In Linz haben bereits 53 Flüchtlinge die Zelte am Polizei-Sportplatz bezogen, insgesamt bietet die Zeltstadt 96 Plätze. Zudem sind bereits seit September des Vorjahres um die 40 Personen im benachbarten Turnsaal untergebracht. Die Notquartiere sind nur mit Männern belegt, Frauen und Kinder wohnen keine in der Polizeidirektion. Die meisten Betroffenen sind Syrer und Iraker, einige kommen auch aus Afghanistan oder Nordafrika.

In den Zelten stehen Pritschen mit Decken und Heurigenbänke. Kurz vor dem Besuch der Ministerin werden noch versperrbare Spinde geliefert - viel Besitz haben die meisten ohnehin nicht dabei. "Wir sind mit dem gekommen, was wir am Leib trugen", hört man mehrfach. Das wenige Wechselgewand hängt frisch gewaschen auf Leinen zwischen den Zelten. Versorgt werden die Flüchtlinge aus der Polizeikantine, wo sie zweimal am Tag essen und abends ein Lunchpaket erhalten. Mit dem Wetter hatten sie bisher Glück.

"Welcome to Austria"

"Ich will nicht hier herumsitzen", sagt Munser, ein aus Syrien geflohener Berufstaucher, "ich will arbeiten, ich will lernen, ich kann bei der Feuerwehr helfen". Und er wünscht sich, seine Mutter nach Österreich holen zu können, sagt der kinderlose Junggeselle. Sein Zeltnachbar erzählt, dass er aus Afghanistan gekommen ist, zu Fuß habe er sich durch die Wildnis geschlagen. Seine Hoffnung: "Eine Wohnung."

"Welcome to Austria", begrüßt Mikl-Leitner die Männer, die in und vor ihren Zelten gespannt warten. Wer ein Handy hat, macht ein Foto mit der Ministerin. Mehrere berichten von ihren Erlebnissen und ihrer Flucht nach Österreich. Einer sagt in gebrochenem Englisch, dass er gerne Deutsch lernen würde, und bittet die Ministerin um ein Wörterbuch. Sie verspricht, eines zu organisieren.

"Natürlich ist es keine große Freude, dass wir Kriegsflüchtlinge in Zelten unterbringen, aber es sei schon einmal gesagt, dass wir hier die Aufgaben der Bundesländer erledigen", verteidigte Mikl-Leitner dann vor Journalisten die "Notmaßnahme". Sie würde die Zelte lieber heute als morgen abbauen, betonte sie. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) prüfe derzeit die Möglichkeit, Kasernen zu öffnen. "Ich erwarte am Montag eine Antwort. Selbstverständlich stehen fixe, feste Quartier an oberster Stelle."

Zelte sollen bald abgebaut werden

Am späten Nachmittag stand noch ein Besuch der Ministerin in der Zeltstadt in Thalham und ein Gespräch mit den Ortschefs der Region, die mit heftigem Protest reagiert hatten, am Programm. "Ich verstehe die Sorgen der Bürgermeister", Überrumpelung will sie sich aber nicht vorwerfen lassen: "Wir alle wurden in den letzten Tagen überrumpelt von dem starken Andrang an Asylwerbern", allein in den vergangenen fünf Tagen seien 1.400 Quartiere benötigt worden. Die Zelte sollen so schnell wie möglich wieder abgebaut werden, versprach sie, einen Zeitraum nannte sie aber nicht.

Mikl-Leitner verwies auf die exorbitant angestiegenen Flüchtlingszahlen. "Hatten wir vor einem Jahr 23.000 Personen in der Grundversorgung, sind es jetzt 35.000." Ob es weitere Zelte geben werde? "Ich bin kein Prophet", sie hoffe aber, dass sich die Situation in den nächsten Wochen beruhigt. (APA, 16.5.2015)