Auch der Komplementär eines Zuckerlgeschäfts muss aufpassen, dass jede Eigentümeränderung dem Vermieter gemeldet wird.

Wien – Wird ein Unternehmen, das Geschäftsräumlichkeiten mietet, verkauft, so hat dies im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) Konsequenzen für den Mietvertrag. Der Liegenschaftseigentümer kann eine Übertragung des Mietverhältnisses auf den Käufer zwar nicht verhindern, er kann aber gemäß Paragraf 12a MRG die Miete auf den angemessenen Hauptmietzins anheben. Das gilt sowohl bei einem Asset-Deal als auch bei einem Share-Deal, also bei Veräußerung der Anteile an dem Unternehmen. Die Übertragung des Unternehmens muss dem Vermieter jedenfalls angezeigt werden, damit dieser sein Anhebungsrecht ausüben kann.

Im Fall des Asset-Deals liegt dies meist auf der Hand, da der Vermieter ja durch den Wechsel seines Vertragspartners zwangsläufig von der Übertragung erfährt. Bei einem Share-Deal kann es hingegen durchaus passieren, dass der Geschäftsführer den Vermieter nicht oder nicht in der richtigen Form verständigt.

Schadenersatzpflicht

Das kann für den Geschäftsführer unangenehme Folgen haben, denn zur Verständigung des Vermieters ist nicht nur die Gesellschaft, sondern auch das zur Vertretung befugte Organ persönlich verpflichtet. Das trifft den Vorstand eines börsennotierten Unternehmens genauso wie etwa den Komplementär von einem Zuckerlgeschäft. Verletzt der Geschäftsführer seine Anzeigepflicht, so wird er gegenüber dem Vermieter schadenersatzpflichtig. Diese Anzeigepflicht ist unbefristet. Die Haftung besteht auch nach einem allfälligen Ausscheiden aus dem Unternehmen weiter.

Der Schadenersatzanspruch des Vermieters betrifft primär die Differenz zwischen der tatsächlich bezahlten Miete und dem angemessenen Mietzins, unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherung. Da die Haftung erst nach 30 Jahren verjährt, können hier ansehnliche Beträge zusammenkommen. Denkbar ist es aber auch, dass der Vermieter die Liegenschaft verkauft und, wenn für die Kaufpreisfindung der Ertragswert herangezogen wurde, wegen der Nichtanhebung einen zu geringen Kaufpreis erhält.

OGH-Entscheidung

Nicht zulässig in diesem Fall wäre allerdings die doppelte Verwertung des Schadens, das heißt, dass der Verkäufer den zu niedrigen Kaufpreis geltend macht und gleichzeitig der Käufer die Mietdifferenz verlangt. Der Ersatzanspruch des Käufers wird in diesem Fall regelmäßig am Einwand der Vorteilsanrechnung scheitern, weil er ja durch die unterlassene Anzeige in der Lage war, die Liegenschaft günstig zu kaufen.

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung kam der OGH entgegen der früheren Judikatur zu dem Ergebnis, dass der Geschäftsführer nicht bloß subsidiär, sondern gleichrangig mit der Mietergesellschaft haftet (OGH 23.12.2014, 1 Ob 125/14k). Dem Geschäftsführer steht dabei aber eine Reihe von Einreden zur Verfügung. So ist im Rahmen der Kausalitätsprüfung zu untersuchen, ob der Vermieter bei rechtzeitiger Anzeige den marktkonformen Mietzins überhaupt erhalten hätte: Wäre das eingemietete Unternehmen – egal, ob Aktiengesellschaft oder Zuckerlgeschäft – überhaupt in der Lage gewesen, den erhöhten Mietzins zu zahlen? Wenn nicht, hätte der Vermieter ja erst nach einem Kündigungsverfahren und der anschließenden Neuvermietung den Marktzins bekommen. Die Beweispflicht liegt hier beim Geschäftsführer.

Es ist auch keineswegs gesagt, dass den Geschäftsführer ein Verschulden an der Unterlassung der Anzeige trifft. So ist zum Beispiel der Tatbestand des § 12a MRG auch dann erfüllt, wenn die Konzernspitze übertragen wird, etwa indem eine Holdinggesellschaft mit Sitz auf einer Karibikinsel den Eigentümer wechselt – was der lokale Geschäftsführer nicht zwangsläufig mitbekommen muss.

Machtwechseltheorie

Die Beurteilung, ob das Mietzinsanhebungsrecht ausgelöst wurde, ist mitunter selbst für Juristen schwierig. Es hat nach Einführung des §12a MRG durch das dritte WÄG einige Jahre gedauert, bis der OGH die heute herrschende Machtwechseltheorie bestätigte. Sofern sich der Geschäftsführer bei seiner Einschätzung auf eine vertretbare Rechtsansicht stützen konnte, entfällt seine Haftung.

Kommt es bei dem Verkauf des Unternehmens zu einem Wechsel des Geschäftsführers, kann sich der Neue jedenfalls nicht auf die Zusage des ausscheidenden Geschäftsführers verlassen, dass dieser den Vermieter verständigen werde (4 Ob 220/08v), was nur zu verständlich ist: Gerade wenn der bis dato bezahlte Mietzins deutlich unter dem aktuellen Marktzins liegt, muss sich der neue Geschäftsführer ja wundern, warum der Vermieter untätig bleibt.

Da aufgrund der aktuellen Entscheidung feststeht, dass das zur Vertretung berufene Organ gleichrangig mit der Gesellschaft haftet, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang Regressansprüche bestehen, wer also am Ende des Tages zahlen muss. Diese Frage ist bisher weder ausjudiziert noch eingehend untersucht worden. Hinsichtlich der reinen Mietdifferenz besteht allerdings kein Zweifel, dass diese letztlich von der Gesellschaft zu tragen ist. Sonst würde die Gesellschaft ja durch das rechtswidrige Handeln ihres Organs bereichert. (Martin Foerster, 18.5.2015)