Anita Wagner tritt heute auf Hochzeiten, Galas, Geburtstagsfesten und in Hotels auf.

Foto: Richard Kromp

1984 rührte der ORF für Anita die Werbetrommel.

In der Zeit nach ihrem Auftritt beim Song Contest arbeitete sie auch als Model.

Foto: Richard Kromp

Mittlerweile fallen Anita Wagner zum Song Contest nur mehr positive Dinge ein. Das war unmittelbar nach ihrer Teilnahme im Jahr 1984 nicht so. Ihr Song-Contest-Titel "Einfach weg" erreichte damals in den österreichischen Charts zwar den ersten Platz, beim europäischen Wettbewerb in Luxemburg wurde sie aber Letzte. Turbulente Zeiten für die damals 23-jährige Sängerin.

Anita Wagner im Video-Interview: "Musik ist absolut etwas Positives. Wenn man sieht, dass man mit Musik so viel Gutes tun kann - das ist etwas, was mich unglaublich beflügelt."
derStandard.at/kromp/al-kattib

"Der Song Contest ist mir eigentlich passiert", erzählt die gebürtige Oststeirerin. Im Jahr 1982 tingelte sie in ihrer Freizeit als Sängerin der Coverband Heartbreakers durchs Land, als ihre Kollegen vorschlugen, sich bei der Castingshow "Die große Chance" zu bewerben. Im ersten Moment blockte sie ab, wollte nicht ins Fernsehen. Schließlich ließ sie sich überreden. Für ihre Band lief es dann nicht so gut. Nachdem sie sich in Graz einer Vorauswahl gestellt hatten, wollte die Jury nur Anita, nicht aber ihre Band.

Die Fernsehshow mit Peter Rapp war Anita Wagners Sprungbrett zum Song Contest. Nachdem sie das Angebot bekommen hat, den Titel "Einfach weg" zu interpretieren, gewann sie damit bald darauf die österreichische Vorausscheidung zum Song Contest in Luxemburg. Kurzerhand kündigte sie ihren Job als Sekretärin in einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei, anders hätte sich die intensive Vorbereitungszeit nicht bewältigen lassen. Der Rummel um ihre Person war groß, die Erwartungen an sie noch größer.

Gedrillt und gefeiert

"Ich war schon damals ein relativ geerdeter, bodenständiger Mensch, und wusste, wenn man dorthin fährt und sich dem Wettbewerb stellt, ist alles möglich." Dass man sich aber insgeheim wünscht, vorne mit dabei zu sein, versteht sich von selbst. Es gab unzählige Proben, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden in der letzten Woche vor Ort gedrillt und trainiert, es wurde aber auch viel gefeiert, erinnert sich Wagner.

Nervös war sie, aber nicht wegen des großen Publikums, eher wegen ihrer Freunde und Familie. "Lampenfieber hat auch ein bisschen mit Intelligenz zu tun. Denn nur jemand, der gar nicht darüber nachdenkt, ist nicht nervös", meint Wagner. Für sie selbst mache es keinen Unterschied, für fünf oder fünf Millionen Menschen zu singen. "Ich bin ein absoluter Bühnenmensch."

Mit ihrer Tochter Vanessa tritt Anita Wagner oft im Duo auf.

Stundenlang Autogramme

Nach der schlechten Platzierung lief es für die junge Sängerin weiterhin nicht so, wie sie es sich erhofft hatte. Obwohl sie von vielen Seiten nach wie vor unterstützt wurde und nach Auftritten stundenlang Autogramme gab, zeigte das Musikbusiness wenig Interesse an weiteren Engagements für sie. Sie nahm einige Titel auf, Plattenfirma fand sie keine. "Man darf nicht vergessen, der Song Contest ist ein Wettbewerb, und Österreich steht mit so einer Bewertung einfach nicht gut da." Da wollte so schnell niemand mehr auf sie setzen.

Ziemlich schnell nahm sie ihren Job als Anwaltssekretärin wieder auf, in den Jahren darauf arbeitete sie zudem als Model und sang hin und wieder Werbejingles ein. Nach einem weiteren Versuch bei der Vorausscheidung zum Song Contest 1991 – damals wurde Thomas Forstner mit "Venedig im Regen" ins Rennen geschickt – entschied Anita Wagner, der unsteten Musikbranche den Rücken zu kehren. Sie baute mit ihrem Mann ein Haus im Südburgenland, wurde Mutter von zwei Kindern, atmete durch, kam runter.

Von Gloria Gaynor bis Austropop

Mittlerweile hat die Bühne sie wieder, und das drei bis vier Mal die Woche. Vor acht Jahren fragte sie ein ehemaliger Musikerkollege, ob sie bei ihm als Sängerin einsteigen möchte. So kam eines zum anderen. Seit drei Jahren tritt sie mit ihrer eigenen Band Anita & Friends, im Duo mit ihrer Tochter Vanessa oder auch solo auf. Auf Hochzeiten, Geburtstagen, Galas und in den Thermenhotels ihrer Region, mit denen sie fixe Verträge hat. Ihr Repertoire reicht von Gloria Gaynor über Robin Thicke, Schlagerhits, Austropop bis hin zu Oldies und Tanzmusik, je nach Event gibt es auch eigene Anita-Songs zu hören, darunter auch ihr damaliger Song-Contest-Song.

Anita und ihre Friends auf der Bühne: mit Pop-Schlager, deutschsprachigen Balladen und beliebten Cover-Nummern.

Mit ihren Auftritten, ihrem Job bei einem Steuerberaterbüro in Oberwart, der Familie, dem Haus und Garten sei sie schön eingedeckt, und manchmal wisse sie auch nicht genau, wie sich das zeitlich ausgeht, so Wagner. Management, Booking und alles andere Organisatorische macht sie selbst, bei den Shows kümmert sich ihr Mann um die Technik. "Wir sind ein kleiner Familienbetrieb. Ich sage immer, wenn ich auf der Bühne stehe, ist meine Arbeit schon gemacht. Dann kommt die Freude und Leidenschaft der Sängerin in mir durch", erzählt sie mit leuchtenden Augen.

Derzeit arbeitet sie an einem Album. Ihre Songs lässt sie sich von anderen schreiben, etwa von Gary Lux, Peter Wessely und Kurt Kainrath. Sie sieht sich ganz als Interpretin. Heute, nach 31 Jahren, werde sie häufig mit Begeisterung auf ihren damaligen Hit angesprochen, der nach wie vor oft auf regionalen Radiostationen läuft. Das Thema Song Contest hat sich für sie zum Positiven gewendet. (Jasmin Al-Kattib, Video: Richard Kromp, 20.5.2015)