Skopje – Nach der Großdemonstration in Skopje haben zahlreiche Demonstranten die Nacht vor dem Regierungssitz in der mazedonischen Hauptstadt verbracht. Am Montag harrten noch rund hundert Demonstranten vor dem Amtssitz von Regierungschef Nikola Gruevski aus und kündigten an, dort so lange zu bleiben, bis Gruevski seinen Rücktritt einreicht. Auf dem Platz vor dem Regierungsgebäude wurden am Abend an die Protestierenden Liegen und Schlafsäcke verteilt, berichteten Medien.

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Nach den Protesten am Sonntagabend campierten zahlreiche Demonstranten vor dem Regierungsgebäude in Skopje.
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Die führende mazedonische Oppositionspartei, der Sozialdemokratische Bund (SDSM), hat für die Zeit des Dauerprotests vor dem Regierungsgebäude ein Kulturprogramm zusammengestellt. Nach Ankündigung der SDSM-Vizevorsitzenden Frosina Remenski seien für die kommenden sieben Tage ganztägige Geschehnisse geplant. Diese würden Theatervorstellungen, Podiumsdiskussionen, Konzerte umfassen, erläuterte Remenski gegenüber dem TV-Sender N1.

Am Sonntag hatten in Skopje Zehntausende Demonstranten den Rücktritt von Gruevski gefordert. Die Opposition fordert zudem die Bildung einer Übergangsregierung, welche "faire und demokratische" Wahlen vorbereiten soll. Der Chef des SDSM, Zoran Zaev, hat in seiner Rede beim Protest auch an die Staatengemeinschaft appelliert, sich direkt in die Krisenlösung einzuschalten.

Zoran Zaev von der Oppositionspartei SDSM bei seiner Rede vor Zehntausenden Demonstranten am Sonntag in Skopje.
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Gruevski hatte in der vergangenen Nacht einen möglichen Rücktritt als "feigen Akt" ausgeschlossen. Die Anhänger seiner Regierungspartei VMRO-DPMNE wollen sich am Montagabend zur Unterstützung der Regierung vor dem Parlament versammeln. Wenn dann Pro- und Anti-Regierungsproteste aufeinandertreffen, werden Ausschreitungen befürchtet.

Gruevski ist seit 2006 Ministerpräsident des Balkanstaates und wurde im April 2014 bei vorgezogenen Neuwahlen im Amt bestätigt. Die Opposition wirft ihm Wahlfälschung sowie einen zunehmend autoritären Regierungsstil vor. Zudem macht sie die Regierung für Korruption und die illegale Überwachung von 20.000 Bürgern verantwortlich.

Die Opposition kritisiert Premier Gruevski für seinen autoritären Führungsstil und fordert seinen Rücktritt.
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In den vergangenen drei Monaten hatte der SDSM eine Reihe von mitgeschnittenen Telefongesprächen veröffentlicht, die einzelne Regierungsfunktionäre schwer belasten sollen. Gruevski erklärte die Telefonmitschnitte für manipuliert. Am Dienstag waren zwei Minister und der Geheimdienstchef des Landes wegen des Abhörskandals zurückgetreten. Mazedonien ist seit zehn Jahren EU-Beitrittskandidat und strebt auch eine Aufnahme in die Nato an. (APA, 18.5.2015)