
Die Untersuchungskommission zum HCB-Skandal im Görtschitztal legte nun ihren Bericht vor und übt scharfe Kritik an der Vorgehensweise der Behörden.
Klagenfurt – Um aufzudecken, wie es zu dem HCB-Skandal im Kärntner Görtschitztal kommen konnte, setzte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) Ende des Vorjahres eine Untersuchungskommission ein. Der Leiter der Kommission, Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk, präsentierte am Montag nun den Bericht.
Die Conclusio, zu der Funk, der Abfallwirtschaftssachverständige Franz Neubacher, Umweltmediziner Hans-Peter Hutter und Verwaltungsrechtsexperte Bernhard Raschauer kommen, ist wenig beruhigend: Jahrelang haben Behörden von der Bezirkshauptmannschaft St. Veit bis zu zuständigen Abteilungen in der Landesregierung versagt. Doch auch bei der Donau Chemie in Brückl und beim Zementwerk Wietersdorfer habe die Kommission grobe Mängel feststellen können.
Schon vor Jahren begann eine "Serie an Unterschätzungen" und "falschen Analysemethoden", wie Neubacher ausführt. Etwa Versuchsverbrennungen in einem Zementwerk in Wopfing, bei dem "alles unter der Nachweisgrenze" gewesen sei. Man ging von falschen Grenzwerten aus. Um das in einem Bild für Laien verständlich zu machen, sagt der Abfallsachverständige: Das sei so ungenau gewesen, als "wolle man einen Brief zur Feststellung des Portos auf einer Viehwaage abwiegen".
Geruchsproben
Haarsträubend hört sich auch der Umgang der Donau Chemie in Brückl mit dem Material an, das man auslieferte. Anstatt dieses sachgemäß zu überprüfen, so erzählt der HCB-Krisenkoordinator des Landes, Albert Kreiner, dem Standard, habe man sich auf Geruchsproben verlassen, um den Grad der Kontamination abzuschätzen. Das Wietersdorfer Zementwerk wiederum, das einst Klinker (mit hoher Temperatur gebrannte Ziegel) herstellte, bevor es zur Müllverbrennungsanlage für den Blaukalk aus Brückl mutierte, hätte auch nicht zureichend kon trolliert, was es hereinbekam.
All das war zwischen 2012 und 2014 Routine. Zum Schaden der Bevölkerung des Görtschitztales, der ansässigen Bauern und der Molkerei. Das Wietersdorfer Werk hatte zwar eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinter sich und eine Teilabnahme (Überprüfung) im Jahr 2010 sei laut Kommission "in rechtlicher Hinsicht vertretbar", gewesen. "Die Verwendung von Alternativrohstoffen (wie zum Beispiel Blaukalk) war jedoch nicht Gegenstand des Teilabnahmebescheides", hält man fest.
Falscher Behördenweg
Die Verwendung "von nicht gefährlichen und von gefährlichen Abfällen wie Kalkschlamm mit produktionsspezifischen schädlichen Beimengungen als Alternativrohstoffe im Jahr 2010 und als Alternativbrennstoff im Jahr 2012 wurde im Wege einer Anzeige an die Gewerbebehörde (Bezirkshauptmannschaft St. Veit) herangetragen", betont man.
Das Problem: Hier war schon der Behördenweg falsch. Nicht ein Anzeigeverfahren, sondern ein Genehmigungsverfahren wäre vonnöten gewesen. Weder die BH St. Veit noch der Landeshauptmann als Behörde hätten damals also die Hinzunahme von Blaukalk in dieser Form durchwinken dürfen. Amtsmissbrauch der Behörden konnte man jedoch nicht feststellen, betonte Funk. Das bedeutet, dass die Behörden nicht für etwaige Schäden aufkommen müssen. (Colette M. Schmidt, 18.5.2015)