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Mit einem Becher in der Hand zu betteln gilt in Feldkirch schon als organisiertes Betteln. In Salzburg wurden einige dieser Strafen für Bettler nach Einsprüchen eingestellt.

APA/Techt

Salzburg/Feldkirch – Gegen das sektorale Bettelverbot in Salzburg regt sich Widerstand: 28 sozial- und zivilgesellschaftliche Organisationen aus unterschiedlichen Bereichen haben sich zusammengeschlossen, um gegen das zeitlich und örtlich beschränkte Verbot aufzutreten.

Der Stadtsenat hat das Verbot am Montag mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ abgesegnet, am Mittwoch im Gemeinderat erfolgt der endgültige Beschluss. Die Gemeinderäte werden vor der Sitzung von einer Schar an Bettlern erwartet werden. Denn die karitativen Einrichtungen haben zum "gemeinschaftlichen stillen Betteln um die Vernunft der Politik" vor dem Rathaus aufgerufen. Teil der überparteilichen Initiative sind etwa die Plattform für Menschenrechte, das Friedensbüro, die ÖH, die Caritas sowie kirchliche Organisationen und Pfarren.

"Strafen werden nicht halten"

Für allfällige Strafen nach dem sektoralen Bettelverbot kündigte die Plattform rechtliche Hilfe für Armutsmigranten an. Jede Strafverfügung soll beim Bezirksverwaltungsgericht angefochten werden. "Es steht für mich außer Zweifel, dass diese Strafen nicht halten werden", erklärt der Sozialforscher Heinz Schoibl, der auch Mitglied der ordnungspolitischen Gruppe des Runden Tisches Betteln war. "Man schafft über Anlassgesetzgebung totes Recht", betont Schoibl.

Auch Strafverfügungen wegen organisierten Bettelns seien in Salzburg nach Einsprüchen eingestellt worden, da der Strafbestand schwer nachweisbar sei. Die Polizei greife nun zu anderen Paragrafen und zeige die Bettler vermehrt wegen Störung der öffentlichen Ordnung und aggressiven Bettelns an, berichtet die Sozialarbeiterin Alina Kogler.

Rigorose Polizei in Feldkirch

Vergrämung scheint auch die Taktik der Feldkircher Stadtpolitik zu sein. So wurden seit August 2014 in der Kleinstadt 211 Anzeigen wegen aggressiven oder organisierten Bettelns erstattet. In einer Anfragebeantwortung an die FPÖ berichtete der Kommandant der Stadtpolizei, Peter Lins, von 900 Personenkontrollen. Fazit des Polizisten: "Der Aufwand ist enorm und steht in krassem Widerspruch zum Erfolg."

In der Nachbarstadt Bludenz beschweren sich Unternehmer und Bürgermeister Mandi Katzenmayer (ÖVP) über die wachsende Zahl von Bettelnden. Katzenmayer vermutet die Feldkircher Interventionen als Grund dafür.

Gespräche als organisiertes Betteln angesehen

Als Indizien für organisiertes Betteln gelten in Feldkirch Gespräche zwischen Bettlern, das Benutzen des gleichen Zugs, der gleichen Unterkunft oder die Anwendung gleicher Techniken, wie etwa Betteln mit einem Becher. Nina Tomaselli, Stadtvertreterin und Landtagsabgeordnete der Grünen, spricht von Schikane und Einschüchterung. Nicht jede Organisation von Bettelnden sei kriminell im Sinne des Strafrechts. Tomaselli: "Wenn gewöhnliche soziale Interaktionen wie Gespräche auf offener Straße bei Bettlern als kriminell ausgelegt werden können, wäre das eine krasse Diskriminierung." Tomaselli fordert eine verfassungsrechtliche Prüfung der Vorarlberger Gesetze und ihrer praktischen Auslegung. (Jutta Berger, Stefanie Ruep, 19.5.2015)