Ankara – Der eine Sprengsatz kam mit einem Paket, der andere steckte in einem Blumentopf: Die Kurden- und Linkspartei HDP in der Türkei war am Montag Ziel zweier Bombenanschläge. Fast zeitgleich explodierten die Sprengsätze am Morgen am Parteisitz in Adana und in Mersin im Süden des Landes. Sechs Menschen wurden verletzt, der Sachschaden war beträchtlich. In knapp drei Wochen sind in der Türkei Parlamentswahlen.

Die Wucht der Explosion sei so stark gewesen, dass eine Wand einstürzte, berichtete in Adana der HDP-Politiker und Parlamentskandidat Tugay Bek. Er geht von einem gezielten Anschlag auf die lokale Parteiführung aus, die jeden Morgen um dieselbe Zeit zu einer Sitzung zusammenkommt.

Unmittelbar nach Ende des Treffens am Montagmorgen ging die Paketbombe hoch. Der HDP-Vorsitzende der Provinz Adana, Hüseyin Beyaz, war unter den Verletzten. In der 80 Kilometer entfernten großen Hafenstadt Mersin, wo der andere Anschlag verübt worden war, sollte der Kopräsident und Spitzenkandidat der HDP, Selahattin Demirtas, später am selben Tag auf einer Großkundgebung sprechen.

Die türkische Regierung und Vertreter anderer Parlamentsparteien verurteilten die Anschläge. Sie seien ein Angriff auf die Wahlen und die gesamte Politik, twitterte Kultur- und Tourismusminister Ömer Çelik. Die HDP selbst aber machte Hintermänner der konservativ-islamischen Regierung verantwortlich.

Buhlen um Konservative

Landesweit meldete die HDP bereits mehr als 50 Angriffe auf Parteizentralen und Infostände seit Beginn des Wahlkampfs. Der Demokratischen Partei der Völker (HDP) kommt bei dieser Wahl eine besondere Bedeutung zu: Gelingt ihr der Sprung über die Zehnprozenthürde, dürfte sie der Regierungspartei AKP die Sitze für eine verfassungsändernde Mehrheit im Parlament nehmen.

Beide Parteien bemühen sich nun besonders um konservative sunnitische Kurden, die bisher die AKP wählten. Erstmals aber sollen kurdische Stammesführer zur HDP umgeschwenkt sein. (Markus Bernath, 18.5.2015)