Wien/Wellington - Im 19. Jahrhundert wurden sie ohne Erlaubnis aus ihrer Heimat entführt, nun sollen sie wieder dorthin zurück kehren: Das Weltmuseum Wien gibt am Mittwoch im Rahmen einer feierlichen Zeremonie menschliche Überreste - darunter einen tätowierten Maori-Schädel, die Mumie eines Kleinkindes und weitere Skelettteile - offiziell an Neuseeland zurück. Sie werden an Vertreter des Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa repatriiert.

Die Gebeine waren Ende des 19. Jahrhunderts vom oberösterreichischen Naturforscher Andreas Reischek in Neuseeland illegal erworben worden. Reischek hatte laut Weltmuseum bei seinen Forschungsreisen auf der Nordinsel Begräbnisstätten geplündert, gleichwohl Fundgeschichte und -orte penibel dokumentiert. Die Stücke waren Teil der Sammlungen von Reischek und der Privatsammlung des "fürstlich reussischen (russischen, Anm.) Geschäftsträgers und amerikanischen Konsuls" Johann Georg Schwarz.

Kindermumie aus Grabhöhle

Die Kindermumie hatte Reischek 1882 aus einer Grabhöhle im Hautapu-Hügel am Awaroa-Fluss in King Country entwendet. Sie galt lange Zeit als verschollen, wurde aber schließlich im Wiener Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseum unversehrt wiederentdeckt und 2004 an das damalige Völkerkundemuseum retourniert.

"Die Repatriierung soll eine Rehumanisierung und somit eine Wiederherstellung der individuellen Würde der Verstorbenen und eine Aussöhnung mit den Schatten der Vergangenheit ermöglichen", so Weltmuseums-Expertin Gabriele Weiss. Mit der feierlichen Übergabe der menschlichen Überreste an die Repräsentanten des Te Papa Tongarewa Museums setze man überdies ein nachhaltiges Zeichen des fachwissenschaftlichen und wissenschaftsethischen Dialoges.

Zweigeteilte Zeremonie

Die dreistündige Rückgabe am Mittwoch teilt sich in eine strikt private Zeremonie unter Ausschluss der Öffentlichkeit und einen formellen Akt in der Säulenhalle des Weltmuseums mit offiziellen Repräsentanten aus Österreich und Neuseeland. Empfangen werden die menschlichen Überreste in Wellington dann ebenfalls mit einer feierlichen Willkommenszeremonie, ehe Schädel, Kindermumie, ein Sarg sowie Skelett- und Wirbelfragmente an ihre ehemaligen Grabstätten bzw. andere ehrenvolle Plätze ihrer Herkunftsgemeinschaften gebracht und erneut beigesetzt werden. (APA/red, derStandard.at, 19.5.2015)