Portland/Wien - Ein Kunstwerk hat dem heute 87-jährigen Edward Engelberg und seiner in den USA lebenden Familie im November 1938 das Leben gerettet. 15 Tage hatte das Martyrium seines Vaters, des deutsch-jüdischen Kaufmanns Jakob Engelberg, im KZ Dachau gedauert, bis er mit seinen Angehörigen über die Schweiz in die USA fliehen konnte. Das dafür notwendige Schweizer Visum hatte seine Frau bekommen, nachdem sie sich von einem Gemälde des heute weitgehend vergessenen Künstlers Otto Theodor Stein getrennt hatte.
Entscheidende Hinweise
Was genau Paula Engelberg mit dem Bild gemacht hat, ist fast 80 Jahre später ebenso unbekannt wie der Ort, an dem sich das Kunstwerk befindet. So lautet zumindest die Familiengeschichte. Licht ins Dunkel wollen das deutsche Journalistenkollektiv "Follow the Money" und die Gebrueder Beetz Filmproduktion bringen. Allerdings nicht allein, sondern im Rahmen einer interaktiven Spurensuche. Über soziale Medien wie Facebook, Twitter und eine WhatsApp-Gruppe sollen sich Interessierte an der #kunstjagd beteiligen und vielleicht den entscheidenden Hinweis liefern.
Millionen von Kunst- und Wertgegenständen, die den Opfern zur Zeit des Nationalsozialismus abgepresst wurden, seien mitten unter uns, so die Hypothese des Projekts. Selbst wenn das gesuchte Kunstwerk nicht gefunden werden kann, soll der transmediale Austausch mit Experten, Archiven, Zeitzeugen und dem Publikum zumindest Geschichten zutage fördern, wie sie für unter Verfolgungsdruck oder wegen Raubs zurückgelassene Kunst exemplarisch sind. Sollte das Gemälde tatsächlich gefunden werden, will es die Familie übrigens nicht restituiert haben.
Die nicht absehbaren Entwicklungen der für sechs bis acht Wochen veranschlagten Kunstschnitzeljagd werden auf der Website www.kunstjagd.com vor allem mittels im Wochenabstand veröffentlichter Podcasts und zusätzlicher Videos kommuniziert. Neben dem Standard sind ORF, BR, SFR, Deutschlandradio Kultur, Süddeutsche Zeitung und Rheinische Post als Medienpartner an der #kunstjagd beteiligt.
Das gesuchte Bild zeigt laut der Erinnerung von Edward Engelberg eine Frau im Halbprofil mit einem aufgeschlagenen Buch auf dem Schoß. Es soll sich nur durch die Art des Teints von einem zweiten Gemälde Steins unterscheiden, das sich nach wie vor im Besitz der Familie befindet. Wenn sich die Angehörigen des 87-Jährigen heute davor treffen, haben sie für das in materieller Hinsicht wenig, lebensgeschichtlich jedoch umso wertvollere Bild übrigens nur einen Namen: "unsere Mona Lisa". (Karl Gedlicka, 21.5.2015)