Mit dem Implantat wird der defekte Faserring der Bandscheibe verschlossen, so dass keine weitere Substanz des Gallertkerns austreten kann.

Foto: Barricaid

Rückenbeschwerden sind ein häufiges Leiden in westlichen Industrienationen und zum einen die Folge von zu wenig Bewegung, zum anderen aber auch eine Alterserscheinung. Um Kreuzschmerzen in den Griff zu bekommen, gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Methoden.

Neben einer Schmerztherapie im akuten Beschwerdefall und einer anschließenden physiotherapeutischer Begleitung lässt sich Kreuzweh gut in Schach halten, wenn Patienten regelmäßig ihre Rumpfmuskulatur trainieren.

Es gibt aber auch Härtefälle. In solchen Fällen raten Orthopäden zu einer Operation, ein Bereich, in dem ebenfalls immer neue OP-Strategien entwickelt werden. Unlängst wurde eine neue OP-Verschlussmethode bei Bandscheibenvorfalloperationen am Asklepios Westklinikum in Hamburg vorgestellt.

Am Anfang war die Studie

Mit einem neuen Implantat lassen sich Bandscheibenvorfälle dauerhaft verhindern. Das ergab eine weltweite Studie, an der auch Spezialisten im Asklepios Westklinikum in Hamburg beteiligt sind. Das Prinzip: Der beschädigte Fasserring, der die Bandscheibe in Form hält, wird durch ein neues kleines Implantat verschlossen. Ein Wiederauftreten der Rückenbeschwerden kann auf diese Weise verhindert werden.

Es bietet einen Ausweg aus einem bekannten Dilemma bei konventionellen Bandscheibenoperationen: gallertartige Kern der Bandscheibe in Teilen belassen, kann es zu einem neuen Bandscheibenvorfall kommen. Wird der Kern komplett entfernt, verschleißt der Knochen schneller.

"Wir sind an einer internationalen Studie mit 550 Patienten beteiligt. Bislang gab es noch keinen einzigen Fall, bei dem ein erneuter Bandscheibenvorfall aufgetreten wäre oder eine weitere Operation erforderlich gewesen wäre", sagt Hans-Peter Köhler, Chefarzt der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie / Neurochirurgie im Asklepios Westklinikum Hamburg.

Fokus: Ausgefranster Faserring

"Das Problem bei Bandscheibenvorfällen sind Risse im Faserring, der den Gallertkern umschließt. Wenn der Fasserring beschädigt ist, kann immer wieder Bandscheibengewebe durch den Riss austreten und auf die Nervenwurzeln drücken. Mit dem neuen, Barricaid genannten Verfahren können wir diesen Einriss verschließen", so Köhler weiter.

Ein weiterer Vorteil ist, dass bei einer Operation die Bandscheibe des Patienten nicht entfernt werden muss und dadurch der weitere Verlauf nach der Operation, was Beweglichkeit und Schmerzen angeht, deutlich besser ist, als bei bisherigen Operationsmethoden.

Tatsächlich bestätigen die bisherigen Ergebnisse aus dem klinischen Alltag diese Annahme: Es kommt zu keinem Absinken zwischen den Wirbeln. Die Patienten aus 21 Zentren in fünf Ländern sind nach der OP schmerzgelindert und benötigen keinen weiteren Eingriff.

Vergleich zu herkömmlichen Methoden

Zum Vergleich: Beim konventionellen Verfahren treten bei bis zu acht Prozent der Patienten erneut ein Bandscheibenvorfall auf. Ferner kommt es bei den meisten Patienten, bei denen die Bandscheibe entfernt wurde, zu chronischen Rückenschmerzen.

In Hamburg wird das Verfahren bislang nur in Rissen angewandt. Voraussetzung ist, dass noch mindestens fünf Millimeter an Bandscheibenhöhe erhalten sind. "Für die Patienten ergeben sich viele Vorteile", so Köhler, der an der Studie großen Anteil hatte.

"Wir vermeiden Folgeoperationen, die Patienten haben weniger Schmerzen und sie nehmen weniger Schmerzmittel ein." Das Implantat, das eine so große Wirkung für die rückenschmerzgeplagten Patienten hat, ist gerade mal einen halben Quadratzentimeter groß und aus Kunststoff. Mit einem Titananker wird es fixiert.

Von den bis zu 3000 Bandscheibenpatienten in Hamburg profitieren am meisten diejenigen davon, bei denen ein besonders hohes Risiko besteht, dass es beim herkömmlichen Verfahren zu chronischen Schmerzen oder einem erneuten Bandscheibenvorfall kommen könnte. (red, idw, 20.5.2015)